06.11.2022

Die zwei Zeugen (Teil 2)


 



Offenbarung 11:1-13 *(1) enthält zwei Begebenheiten, von denen sich die erste auf einen Vermessungsvorgang und die zweite auf zwei Zeugen bezieht. Die letztgenannte Begebenheit, eine der schwierigsten Abschnitte der Offenbarung, ist auf verschiedene Weise erklärt worden. Die "zwei Zeugen"wurden so verstanden, daß sie

  • Henoch und Elia,

  • Mose und Elia,

  • Elia und Jeremia,

  • eschatologische Propheten,

  • Petrus und Paulus,

  • Stephanus und Jakobus,

  • Jakobus und Johannes,

  • Johannes der Täufer

  • und Jesus darstellen,

  • die Hohepriester Ananias und Josua,

  • das AT und das NT,

  • das Gesetz und die Propheten,

  • das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi.

Es ist offensichtlich, daß der Abschnitt aus Offenbarung 11:3-13 in hohem Maße symbolisch ist, wie der gesamte apokalyptische Teil der Offenbarung (Offenbarung 4-22a)*(2). Dies läßt uns zwei Möglichkeiten offen. Entweder weisen die "zwei Zeugen" auf die Gemeinde hin, oder die "zwei Zeugen" stehen für das AT und das NT. Obwohl viele Ausleger die "zwei Zeugen" mit zwei geschichtlichen Personen, hauptsächlich aus dem Alten Testament, identifizieren, betrachten sie sie dennoch oft als Vertreter der Kirche. Über den hier behandelten Text kann viel gesagt werden, aber wir werden uns hauptsächlich darauf konzentrieren, ob die "zwei Zeugen" die Kirche oder die Heilige Schrift darstellen.

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I. Zusammenhang

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1. Die Vision der Posaunen

Offenbarung 11:1-13 gehört zu einem der "Siebener-Reihen" der Offenbarung, der sogenannten "Posaunen-Siebenerreihe". In dieser Vision folgt auf eine einleitende Tempel Begebenheit (Offenbarung 8:2-6) *(3) das Blasen von sechs Posaunen (Offenbarung 8:7-9:21) *(3). Bevor die letzte Posaune geblasen wird, findet sich eine Art Zwischenspiel,das Offenbarung 10:1-11 und Kapitel 11:1-14 *(4) umfäßt. Es endet mit der Beschreibung der Tätigkeit der "zwei Zeugen".

Ich würde vorschlagen, diesen Abschnitt als eine Erweiterung der sechsten Posaune zu sehen, die auch als zweites "Wehe" bezeichnet wird, und in der Tat enthält Offenbarung 11:14 eine zusammenfassende Aussage, die auf das Ende des zweiten "Wehe" und den Beginn des dritten "Wehe", der siebten Posaune, hinweist. Während die siebte Posaune das Kommen des Reiches Gottes beschreibt und sich auf das Endgericht bezieht, konzentriert sich Offenbarung 10-11a auf die Zeit vor den letzten Ereignissen der Weltgeschichte.

2. Offenbarung 9-11

Offenbarung 10 und 11 sind in mehrfacher Hinsicht miteinander verbunden, insbesondere durch das Konzept der Prophetie. In Offenbarung 10 erhält Johannes den Auftrag, zu prophezeien. In Offenbarung 11a fungieren die "zwei Zeugen" als Propheten. Dort wird ihr Dienst, ihr Schicksal, sowie die Auswirkungen auf die Menschheit, beschrieben.

Nicht nur Offenbarung 10 und Offenbarung 11 sind miteinander verbunden, sondern auch Offenbarung 9 und Offenbarung 10-11a.

Die griechische Formulierung "ἐκ τῶν στομάτων αὐτῶν ἐκπορεύεται πῦρ" ("aus ihren Mäulern ging Feuer") aus Offenbarung 9:17+18 *(5) findet sich auch in Offenbarung 11:5 s.*(1), allerdings in umgekehrter Reihenfolge und mit στόμα ("Mund") in der Einzahl. Das sind die einzigen Stellen in der Offenbarung, wo diese Formulierung vorkommt.

Die "zwei Zeugen" haben mindestens eine der Fähigkeiten, die auch die fremden Pferde haben. Hier werden außerdem negative und positive Kräfte einander gegenübergestellt. Die sechste Posaune ist klar negativ. Die Überlebenden tun nicht einmal Buße wegen ihrer bösen Werke. Doch Offenbarung 10 bis 11a fügt dann doch noch eine positive Note hinzu.

Da ist nämlich Johannes, der Prophet. Da sind die "zwei Zeugen" oder Propheten. Obwohl sie getötet wurden, werden sie auferweckt und in den Himmel aufgenommen. Und interessanterweise gibt es endlich Menschen, die Gott verherrlichen. Nicht alles ist stockdunkel. Wie bei den zwei Propheten, so auch bei Johannes: Sein Wirken wird nicht vergeblich sein und nicht ohne positive Wirkung bleiben. Denn einige Menschen werden sich tatsächlich noch bekehren.

3. Offenbarung 11a

Die Hauptfiguren in Offenbarung 11:1-14 s.*(1) sind

  • Johannes

  • die "zwei Zeugen"

  • ein Tier

  • die Erdbewohner und

  • eine Stimme vom Himmel.

Das Fehlen einer Vision/Audition zu Beginn von Offenbarung 11 könnte ein Hinweis darauf sein, daß Offenbarung 11 nicht von Offenbarung 10 getrennt werden sollte. Visionen und Handlung gehen weiter, auch wenn neue Begebenheiten auftauchen.

Offenbarung 10 endet mit dem Befehl an Johannes zu prophezeien. In den ersten Versen von Offenbarung 11 ist Johannes immer noch die Hauptfigur. Es ist die zweite symbolische Handlung, die er zu vollziehen hat, nachdem er die Schriftrolle gegessen hat. Er erhält eine Messlatte und dies in direkter Rede, den Auftrag, den Tempel zu vermessen.

In Offenbarung 11:3 s.*(1) findet ein Wechsel statt. Obwohl die direkte Rede weitergeht, ist es nicht mehr Johannes, zu dem gesprochen wird. Stattdessen findet man einen Bericht über "zwei Zeugen". Die beiden Abschnitte sind durch dasselbe Zeitelement verbunden, die 42 Monate und die 1260 Tage, das Verb "geben" und der Begriff einer Stadt. Daher muß die gesamte Ausdehnung der sechsten Posaune als eine größere Einheit betrachtet werden. Dennoch ist es gerechtfertigt, nur eine einzelne Begebenheit - wie die der "zwei Zeugen" - zu betrachten, solange man die Zusammenhänge nicht vernachlässigt.

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II. Betrachtung von Offenbarung 11:3-13

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Die "zwei Zeugen" die weissagen (Offenbarung 11:3+6) s.*(1) werden

  • die beiden Ölbäume

  • die beiden Leuchter (Offenbarung 11:4) s.*(1) und

  • die beiden Propheten (Offenbarung 11:10) s.*(1) genannt.

Mit dieser Prophezeiung hat sich ein wichtiges Thema von Offenbarung 11 herauskristallisiert.

Offenbarung 11:3-13 scheint durch zeitliche Elemente strukturiert zu sein. Außerdem wird der Dienst der "zwei Zeugen" vorgestellt, und die Zeit ihrer Tätigkeit mit 1260 Tagen angegeben. In Offenbarung 11:7 kommt es zu einer Verschiebung, denn es wird die Zeit gegen Ende oder nach Beendigung ihres Dienstes beschrieben.

Ein weiteres Zeitelement wird in Offenbarung 11:9 eingeführt, nämlich die 3 1/2 Tage ihres Todes. Wieder findet ein Wechsel statt: "Καὶ μετὰ τὰς τρεῖς ἡμέρας καὶ ἥμισυ" ("nach den dreieinhalb Tagen", Offenbarung 11:11) s.*(1), und es wird von der Auferstehung und Himmelfahrt der Zeugen berichtet (Offenbarung 11:11+12) s.*(1). Die Beschreibung ihrer Auferstehung und Himmelfahrt enthält auch einen Bericht über die Auswirkungen dieser Ereignisse und die Reaktion ihrer Feinde.

Die Formulierung "Καὶ ἐν ἐκείνῃ τῇ ὥρᾳ" ("und zu jener Stunde") in Offenbarung 11:13 s.*(1) verbindet diesen Vers mit dem vorhergehenden Vers, der die Himmelfahrt der "zwei Zeugen" beschreibt.

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III. Charakteristiken der "zwei Zeugen"

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Obwohl einige Merkmale der "zwei Zeugen" bereits erwähnt wurden, ist es notwendig, sie näher zu erläutern, um ein klareres Bild davon zu bekommen, worum es in dem Text geht.

1. Sie werden die "zwei Zeugen" genannt

Die Wortfamilie μάρτ(mart-) ist in der Offenbarung wichtig. Es kommt in zwei Hauptworten vor, nämlich "Zeuge" als Person (μάρτυς(martys) und "Zeuge" oder "Zeugnis" als die von einem Zeugen verkündete Botschaft (μαρτυρία(marturia), und einem Verb, nämlich "bezeugen". (μαρτυρέω) (martureó) (bezeugen, ein Zeugnis ablegen, aussagen, einen guten Bericht abgeben). 

Die beiden Hauptworte werden im Zusammenhang mit den "zwei Zeugen" verwendet (Offenbarung 11:3), die ihr Zeugnis beenden (Offenbarung 11:7).

Das Hauptwort μάρτυς (martys) kommt in der Offenbarung fünfmal vor. Jesus, (Offenbarung 1:5 und Offb. 3:14) *(7) seine Nachfolger (Offenbarung 2:13 *(8) und Offb. 17:6) *(9) sowie die beiden in unserem Text erwähnten Wesen (Offenbarung 11:3) s. *(1) sind Zeugen.

Diejenigen, die Zeugnis ablegen (μαρτυρέω) (martureó), sind

  • Johannes (Offenbarung 1:2)

  • der von Jesus gesandte Engel (Offenbarung 22:16) *(10)

  • und Jesus selbst (Offenbarung 22:18+ 20). *(11)

Worum geht es bei ihrem Zeugnis? Johannes, der die Offenbarung Jesu Christi durch einen Engel empfangen hat, "bezeugt das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi und alles, was er sah"? (Offenbarung 1:2). Derselbe Gedanke findet sich am Ende der Offenbarung.

"Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, um Euch diese Dinge für die Gemeinden zu bezeugen..." (Offenbarung 22:16)

was sich auf das neutestamentliche Buch der Offenbarung bezieht. Auch Jesus selbst verweist auf die Schrift, wie sie im Buch der Offenbarung verkörpert ist.

"Fürwahr, ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand etwas zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen zufügen, von denen in diesem Buch geschrieben steht; und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches dieser Weissagung, so wird Gott wegnehmen seinen Teil vom Buch des Lebens und von der heiligen Stadt, und von den Dingen, die in diesem Buch geschrieben stehen. Es spricht, der dies bezeugt: Ja, ich komme bald! Amen. — Ja, komm, Herr Jesus!" (Offenbarung 22:18-20).

Am häufigsten wird der Begriff μαρτυρία (marturia) (Zeuge, Beweis, Zeugnis, Ruf oder Ansehen) verwendet. Einmal wird er verwendet, um das himmlische Heiligtum, "das Zelt des Zeugnisses", zu bezeichnen. In Offenbarung 12:11 besiegte das Volk Gottes den Satan:

"Und sie haben ihn überwunden um des Blutes des Lammes und um des Wortes ihres Zeugnisses willen..."

Hier begegnen wir bereits zwei Elementen.

Eine weitere Zweierkombination finden wir in Offenbarung 12:17 *(12), wenn wir von den Geboten Jesu und dem Zeugnis Jesu hören, das in Offb. 19:10 als "der Geist der Weissagung" ausgelegt wird. Am gebräuchlichsten ist jedoch die Kombination "das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi" (Offenbarung 1:2,9; 6:9; 20:4)*(13). In Offenbarung 11:7 s.*(1) beenden die "zwei Zeugen" ihr Zeugnis.

Wir stellen fest, daß in der Offenbarung der wichtigste Begriff der Wortfamilie μάρτ- (mart-) der Begriff μαρτυρία (marturia) ist. Immer wieder taucht er in Verbindung mit anderen Ausdrücken auf, vor allem mit dem Ausdruck "Wort Gottes". Das μαρτυρία (marturia) ist nicht so sehr das, was die Gläubigen verkünden, sondern das, was sie haben. μαρτυρία (marturia) hat mit Prophetie zu tun. Und in der Tat ersetzt der Paralleltext zu Offenbarung 19:10 *(14) die Formulierung "Zeugnis von Jesus" durch "Propheten" (Offenbarung 22:9) *(15). Das Verb (μαρτυρέω) (martureó) wird verwendet, um auf die Heilige Schrift, das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu hinzuweisen, wobei letzteres in der Offenbarung seinen Niederschlag findet. Die Wortfamilie μάρτ- (mart-) in der Offenbarung hat also eine starke Wesensverwandtschaft zur Schrift.

Warum "zwei Zeugen"? Die Zahl zwei ist wichtig, weil nach alttestamentlichem Recht zwei oder drei Zeugen erforderlich waren, um einen Fall vor Gericht zu verhandeln (5. Mose 19:15) *(16). Dieser Grundsatz wird auch im Neuen Testament verwendet. Jesus wandte ihn wiederholt auf sich selbst an.

2. Sie sind zwei Olivenbäume

Während die Wortfamilie μάρτ- (mart-) recht häufig vorkommt, findet sich der Ausdruck "die beiden Olivenbäume" nur einmal in der Offenbarung. Sein alttestamentlicher Hintergrund ist jedoch eindeutig Sacharja 4:1-10 *(17). Dort finden wir einen Leuchter und daneben zwei Ölbäume, die das Öl für den Leuchter liefern. Der Text verbindet die beiden Ölbäume eindeutig mit dem Wirken des Heiligen Geistes. Der Leuchter steht für Serubabbel. Während die Zahl der Leuchter in der Offenbarung von einem auf zwei erhöht wurde, gibt es sowohl in Sacharja als auch in der Offenbarung jeweils zwei Ölbäume.

3. Die zwei Leuchter

Obwohl dieselben Ausdrücke in der Offenbarung normalerweise immer dieselbe Bedeutung haben, gibt es aber auch Ausnahmen.

Die sieben Engel der sieben Gemeinden (Offenbarung 1-3) unterscheiden sich von den vier Engeln in Offenbarung 7 und auch von den sieben Engeln, die die sieben Posaunen in Offenbarung 8-11 blasen.

Manchmal stellen sie in der Offenbarung Menschen dar, in anderen Fällen himmlische Wesen. Ein Begriff, der mit den Leuchtern (λυχνία) (lychnia) (ein Lampenständer) verwandt ist, ist das Wort "Lampe" (λύχνος) (lychnos) (eine tragbare Lampe). Während in Offenbarung 22:5 *(18) von dem "Licht der Lampe" und dem "Licht der Sonne" die Rede ist, ist in Offenbarung 21:23 *(19) Jesus, das "Lamm" und auch die "Lampe".   

Ein Bedeutungswandel kann auch bei den Leuchtern eintreten.

In Offenbarung 11 werden sie mit den beiden Ölbäumen, den "zwei Zeugen" und den beiden Propheten gleichgesetzt. Auch in Bezug auf den Ort gibt es einen Unterschied. Während Jesus Christus zwischen den sieben Leuchtern auf der Erde wandelt (Offenbarung 2:1) *(20), stehen die beiden Leuchter in Offenbarung 11 vor dem Herrn der Erde, möglicherweise in Verbindung mit Seinem himmlischen Heiligtum.

Johannes verwendet Ausdrücke und alttestamentliche Anspielungen auf sehr gestalterische Weise. Er vermischt auch verschiedene Begebenheiten und Texte. Dieses Phänomen muß bei der Auslegung der Offenbarung berücksichtigt werden. Der "eine Leuchter" (Sacharja 4) wird zu "zwei Leuchtern", die wiederum als Synonym für die beiden Ölbäume stehen. Man muß auch bedenken, daß das Motiv der Leuchter in Offenbarung 11 nicht das vorherrschende ist. Viel wichtiger sind die Absichten des Zeugnisses und der Prophetie. Auch hier wird das Wirken des Heiligen Geistes hervorgehoben. In der Tat wird Gottes Wort in Psalm 119:105 *(21) sogar als "Leuchte" bezeichnet.

4. Sie sind zwei Propheten und sie weissagen

Die "zwei Zeugen"

  • weissagen (Offenbarung 11:3) s. *(1)

  • sie sind zwei Propheten (Offenbarung 11:10) s. *(1)

  • und die Prophetie wird ihnen zugeschrieben (Offenbarung 11:6) s. *(1)

Die Wortfamilie προφητ(prophēt-) ist in der Offenbarung, insbesondere in Kapitel 11, sehr gegenwärtig. Folgende Vorkommen sind zu finden:

das Verb "prophezeien" (προφητεύω) (prophēteus)

das Hauptwort "Prophetie" (προφητεία) (prophēteia)

das Hauptwort "Prophet" (προφήτης) (prophētēs)

das Hauptwort "Prophetin" (προφῆτις) (prophētis) und

das Hauptwort "falscher Prophet" (ψευδοπροφήτης) (pseudoprophētēs). 

Die letzten beiden sind für unsere Untersuchung nicht maßgeblich.

Das Wort "prophezeien" wird nur in Offenbarung 10:11 s. *(4) und 11:3 s. *(1) verwendet, also in demselben größeren Zusammenhang. Johannes, der Apostel, muß prophezeien, ebenso wie die "zwei Zeugen".

Der Begriff "Prophet" bezeichnet in der Offenbarung nur echte Propheten und die "zwei Zeugen".

Die Propheten werden als

  • "Knechte Gottes" bezeichnet (Offenbarung 10:7 s. *(4) und Offb. 11:18) *(22)

  • und von anderen Gläubigen, den Heiligen (Offenbarung 16:6) *(23)

  • und Aposteln (Offenbarung 18:20) *(24) unterschieden.

Es scheint, daß dieser Begriff nur Personen bezeichnet, die die besondere Gabe der Prophetie haben. Sie werden von den anderen Gläubigen klar abgegrenzt. Der Begriff wird nicht im Sinne dessen verwendet, wie es heute üblich ist.

Das Wort "Prophezeiung" kommt in der Offenbarung siebenmal vor. In Offenbarung 19:10 s. *(14) ist vom "Geist der Weissagung" die Rede. Die "zwei Zeugen" sind "in den Tagen ihrer Weissagung" tätig. Alle anderen Texte beziehen sich auf das Buch der Offenbarung. Eine Seligpreisung wird für diejenigen ausgesprochen, die "die Worte der Weissagung lesen und hören und halten, was darin geschrieben ist" (Offenbarung 1:3) . Dies wird in Offenbarung 22:7 wiederholt: "Glückselig ist, der die Worte der Weissagung liest..." Dieselbe Formulierung findet sich in Offenbarung 22:10+18 *(24) und in umgekehrter Reihenfolge in Offenbarung 22:19 *(25) , "die Worte des Buches der Weissagung".

Die Wortfamilie προφητ(prophēt-) konzentriert sich also auf die echte Prophetie im engeren Sinne und auf das Ergebnis dieser Prophetie, wie es im Buch der Offenbarung und damit in der Schrift zu finden ist. Es ist bemerkenswert, daß im Zusammenhang mit den "zwei Zeugen" alle drei entscheidenden Begriffe der Wortfamilie προφητ(prophēt-) verwendet werden. Tatsächlich sind die "zwei Zeugen" die einzige Einheit, die mit allen drei Hauptwörtern dieser Wortfamilie beschrieben wird. Daraus folgt, daß die Prophetie das herausragende Merkmal der "zwei Zeugen" ist. Die enge Verbindung dieser Wortfamilie mit der echten Gabe der Prophetie und mit der Heiligen Schrift verlangt ein besonderes Verständnis der "zwei Zeugen".

5. In enger Beziehung zu Gott

Die "zwei Zeugen" stehen in enger Beziehung zu Gott. Sie stehen vor dem Gott der Erde (Offenbarung 11:4) s. *(1). Sie gehören dem Herrn, dienen ihm und werden vom Herrn beschützt und bevollmächtigt. Die Formulierung "vor stehen" wird in der Offenbarung viermal verwendet.

  • In Offenbarung 7:9 *(26) stand die große Schar "vor dem Thron und vor dem Lamm".

  • In Offenbarung 8:2 *(27) standen sieben Engel mit sieben Posaunen "vor Gott".

  • In Offenbarung 11:4 s. *(1) stehen die beiden Leuchter "vor dem Gott der Erde".

In all diesen Fällen wird eine Gruppe beschrieben, die Gott nahe steht und mit Ihm im Einklang ist. Sie genießt eine besondere Beziehung zu Gott und ist Ihm nahe. In Offenbarung 20:12 *(28) jedoch, nach dem Millennium, stehen die unerlösten Toten vor dem Thron und werden verurteilt. Diese Gruppe hat eindeutig eine negative Beziehung zu Gott. Während die, die zu Gott gehören, in der Gegenwart Gottes gesegnet sind, können Seine Feinde Seine Gegenwart nicht ertragen.

Offensichtlich teilen die "zwei Zeugen" das Schicksal ihres Herrn. In Offenbarung 11:8 s. *(1) finden wir ihre Leichname. Sie haben Anteil am Tod ihres Herrn, der gekreuzigt worden war. Aber nach 3 1/2 Tagen haben auch sie Anteil an Seiner Auferstehung und Himmelfahrt.

6. Sie müssen Schwierigkeiten bewältigen und sich Feinden und vorübergehenden Niederlagen stellen

Die "zwei Zeugen" prophezeien 1260 Tage in Sacktüchern. Gelegentlich war der Sack das Gewand der Propheten (Sacharja 13:4)*(29). Es deutet auch auf Trauer (Jeremia 4:8) *(30) und Buße (Matthäus 11:21) *(31) hin.

Während der prophetische Dienst nicht immer einfach ist und bei denen, die nicht umkehren, Feindseligkeit und Ablehnung hervorrufen kann, kann das Kleid aus Sacktüchern ein Hinweis auf die Art der Botschaft sein, die die Zeugen verkünden. Die Verkündigung des Evangeliums enthält auch ein Element des Gerichts.

Die "zwei Zeugen" haben es mit einer Reihe von bösen Mächten zu tun: "Und [viele] aus den Völkern und Stämmen und Sprachen und Nationen werden ihre Leichname sehen..." (Offenbarung 11:9), den Bewohnern der Erde (Offenbarung 11:10) s. *(1) und vor allem dem Tier aus dem Abgrund (Offenbarung 11:7) s. *(1)

Der Ausdruck "die auf der Erde wohnen" ist in der gesamten Offenbarung ein negativer Begriff, mit dem die Feinde Gottes und Seines Volkes auf der Erde bezeichnet werden. Sie haben seelische Qualen erlitten, weil ihr Gewissen durch die Botschaft der "zwei Zeugen" wachgerüttelt wurde, aber sie haben sich nicht zur Umkehr entschlossen. Nach dem Tod der "zwei Zeugen" freuen sie sich. Doch sobald die "zwei Zeugen" wieder zum Leben erwachen, bekommen sie alle große Angst.

Das Tier aus dem Abgrund scheint Satan zu sein, der durch eine weltliche Macht wirkt. Der Begriff "Abgrund" kommt in der Offenbarung siebenmal vor. Der vom Himmel gefallene Stern (Offenbarung 9:1+2) *(32), der den Schlüssel zum "Abgrund" hat und den "Abgrund" tatsächlich öffnet, ist Satan. Er bringt Unheil über die Menschheit.

Der "König der Heuschrecken" in Offenbarung 9:11 *(33), auch Engel des Abgrunds, Apollyon und Abaddon, der "Zerstörer", genannt, scheint der gefallene Stern, Satan, zu sein. Sein dämonisches Heer überflutet die Erde.

In Offenbarung 20:1-3 *(34) findet jedoch eine Umkehrung statt. Satan wird seine Macht entzogen. Er wird für 1000 Jahre im "Abgrund" gebunden. Dies könnte eine Anspielung auf Offenbarung 17:8 *(35) sein, wo ein Tier eine Hure trägt. Dieses Tier ist gewesen, ist nicht, kommt wieder aus dem Abgrund und geht ins Verderben. Das Tier in unserem Text (Offenbarung 11:7) s. *(1) bekämpft, besiegt und tötet die "zwei Zeugen". Das Wesen, das in der Offenbarung mit dem Abgrund in Verbindung gebracht wird, scheint Satan zu sein, der oft durch politische Mächte wirkt.

Die Formulierung "Krieg führen" findet sich mehrmals in der Offenbarung. Eine ähnliche Formulierung findet sich in Offenbarung 12:17s. *(12) und Kapitel 13:7 *(36). In diesen beiden Texten geht es um denselben Krieg, mit der einzigen Ausnahme, daß die Gruppe, gegen die der Krieg geführt wird, einmal die "Übrigen" und einmal die "Heiligen" genannt wird. Eine weitere ähnliche Formulierung findet sich in Offenbarung 19:19 *(37). In diesem Fall richtet sich der Krieg jedoch nicht gegen irdische Wesen, sondern gegen Jesus, den Reiter auf dem weißen Pferd, und Sein Heer. Die Wortfolge in Offenbarung 11:7 s. *(1) ist leicht abweichend. Das Verb wird nicht als Infinitiv verwendet, und die betroffene Gruppe, nämlich die "zwei Zeugen", wird einfach "sie" genannt. Offensichtlich wird derselbe Begriff verwendet, um auf einen Krieg zwischen Satan und Gruppen, die Gott gehorchen, hinzuweisen.

Der Unterschied in der Formulierung könnte jedoch darauf hinweisen, daß die "zwei Zeugen" nicht mit den "Übrigen" oder den "Heiligen" gleichgesetzt werden können. Tatsächlich finden sich in Offenbarung 11:13 s. *(1) "Übrige", die auf die Erfahrung der "zwei Zeugen" reagieren. Nach der Ermordung der "zwei Zeugen" wird ihnen ein Begräbnis verweigert. "Sie werden nicht zulassen, daß ihre Leichname in Gräber gelegt werden." Im Orient war es eine große Demütigung, wenn man das Begräbnis verweigerte. Der Begriff "große Stadt" kommt in der Offenbarung achtmal vor. Da er sich in allen anderen Texten eindeutig auf Babylon bezieht, scheint Offenbarung 11:8 s. *(1) auch Babylon zu beschreiben. Einige Ausleger verstehen Offenbarung 11:8 als eine Anspielung auf das alte Jerusalem.

Es ist jedoch zu bedenken, daß die Offenbarung nur das "neue Jerusalem" namentlich kennt. Wenn man sich für die letztgenannte Auslegung entscheidet, könnte der Vers ausdrücken, daß das alte Jerusalem durch die Kreuzigung Jesu zu Babylon geworden ist. Eine andere Möglichkeit wäre, daß das Babylon des ersten Jahrhunderts, Rom, für den Tod Jesu verantwortlich war. Ebenso würde das spätere Babylon für den Tod der "zwei Zeugen" verantwortlich sein. Die Erwähnung der Kreuzigung dient nicht dazu, einen geografischen Ort zu bestimmen, sondern um die Reaktion des Heidentums auf die Gerechtigkeit zu veranschaulichen.

Sodom verweist auf die Abgründe des moralischen Verfalls (vgl. 1. Mose 19,:4-11) *(38), und Ägypten ist ein Symbol für Unterdrückung und Sklaverei. Die Stadt aus Offenbarung 11:13 s. *(1), deren zehnter Teil zusammengebrochen ist, scheint auf Offenbarung 11:8 zu verweisen und auch für Babylon zu stehen. Im Gegensatz dazu wird in Offenbarung 11:2 von der "heiligen Stadt" gesprochen. Diese "heilige Stadt", das Volk Gottes und die Vorgängerin der heiligen Stadt, das "neue Jerusalem" aus Offenbarung 21, wird 42 Monate lang zertreten werden. In der gleichen Zeitspanne weissagen die "zwei Zeugen", bis sie "getötet" werden. Die "große Stadt" ist der Ort, an dem der Mord stattfindet. Die "heilige Stadt" wird mit Füßen getreten.

7. Sie haben Macht

Die "zwei Zeugen" haben Macht. Aus ihrem Mund kommt Feuer und verzehrt die Feinde. Sie sind fähig zu töten (Offenbarung 11:5) s.*(1). Die Geschichte von Elia könnte möglicherweise der alttestamentliche Hintergrund sein. In Offenbarung 9:17+18 s. *(5) geht das Feuer jedoch aus den Mäulern der Pferde, also einer dämonischen Armee, hervor. Offenbarung 11 liefert das siegreiche Gegenstück. Auch die "zwei Zeugen" sind in der Lage, Feuer aus ihrem Mund kommen zu lassen (im Griechischen steht das Wort "Mund", hier in der Einzahl) und ihre Feinde zu töten.

Darüber hinaus haben die "zwei Zeugen" die Macht, den Himmel zu verschließen, damit es nicht regnet, und sie haben die Macht, Wasser in Blut zu verwandeln und verschiedene Arten von Plagen herbeizuführen. Dies erinnert uns an Elia in 1. Könige 17 *(39) und an Mose, der die dritte Plage über Ägypten brachte (2. Mose 7:17-19) *(40). Die Plagen in Offenbarung 9:18+20 *(41) stehen parallel zu Offenbarung 11:6 s.*(1). Die zwei Zeugen sind also während der 1260 Tage sehr aktiv. Der Zeitraum ist nach dem "Jahr-Tag-Prinzip" zu verstehen.

Die Macht der "zwei Zeugen" zeigt sich nicht nur vor ihrem Tod, sondern auch im Zusammenhang mit ihrer Auferstehung. Die Auswirkungen ihrer Auferstehung sind gewaltig und reichen von Angst bis zum Tod.

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IV. Kirche oder Heilige Schrift?

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Auf den ersten Blick scheint es, daß dieser symbolträchtige Textabschnitt über die "zwei Zeugen" auf beide Arten verstanden werden kann: als Darstellung der Gemeinde oder als Darstellung der Heiligen Schrift. Die Mehrheit der Christen lehren, daß die Gemeinde, die "zwei Zeugen" darstellt. Bei näherer Betrachtung scheinen jedoch einige Merkmale gegen diese Sichtweise zu sprechen. Wir wenden uns nun einigen Argumenten zu, die für die Identifizierung der beiden Zeugen mit der Heiligen Schrift sprechen.

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1. Die Einheit der "zwei Zeugen"

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(1) Während in Offenbarung 9:18+20 s.*(41) Feuer aus den Mäulern - Mehrzahl - der Pferde kommt, kommt in Offenbarung 11:5 s.*(1) Feuer aus dem Mund - Einzahl - der beiden Zeugen. Obwohl es "zwei Zeugen" sind, haben sie nur einen Mund.

(2) Obwohl sie zwei sind, haben sie eine Prophezeiung (11:6) und ein Zeugnis (11:7).

(3) Das Wort "Leichnam" findet sich dreimal in Offb. 11:3-13.

  • Ihr Leichnam - Einzahl - liegt auf der Straße der großen Stadt (Offenbarung 11:8).

  • Die Menschen sehen ihren Leichnam - Einzahl - dreieinhalb Tage (Offenbarung 11:9),

  • und ihre Leichen - Mehrzahl - werden nicht begraben (Offenbarung 11:9).

(4) Ein Grab - Einzahl - steht ihnen nicht zur Verfügung (Offenbarung 11:9). Es scheint, daß der Wechsel zur Einzahl absichtlich vorgenommen wurde, um die Einheit der beiden Zeugen zu betonen. Die Verwendung von Einzahl und Mehrzahl in ein und demselben Vers kann auf die Einheit in der Zweiheit hinweisen. Dieses Merkmal paßt am besten zu der Auslegung der "beiden Zeugen" als Heilige Schrift.

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2. Feuer kommt aus ihrem Mund

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Obwohl uns das "Feuer" an Elia erinnert, wird das Bild, daß "Feuer aus dem Mund" kommt, nicht mit ihm in Verbindung gebracht. In 2. Samuel 22:9 *(42) kommt Feuer aus dem Mund Yahwes. Jeremia 5:14 *(43) könnte der wichtigste Hintergrund für Offenbarung 11:5 sein. Gottes Wort wird in Jeremias Mund zu einem "Feuer":

"Darum spricht der Herr, der Gott der Heerscharen: Weil Ihr das gesagt habt, siehe, so will Ich Meine Worte in Deinem Mund zu einem Feuer machen und dieses Volk zu Holz, sodaß es sie verzehren wird."

Die Betonung liegt auf dem Wort Gottes, das in Jeremias Mund gelegt wird und von ihm verkündet wird. Das Wort Gottes ist zuverlässig und unterscheidet sich von dem Wort der falschen Propheten.

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3. Weissagung/ Prophetie

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Offensichtlich wird das Wort "Prophetie" in der Offenbarung in keinem weiteren Sinne verwendet. Propheten sind echte Propheten. Die Prophetie ist auch mit der Schrift verbunden. Daher ist es besser, die beiden Zeugen, die als die "beiden Propheten" bezeichnet werden, als die Heilge Schrift und nicht als die Gemeinde zu verstehen. Sie folgen dem Schicksal Jesu und der alttestamentlichen Propheten und sterben symbolisch in der Stadt, in der ihr Herr gekreuzigt wurde, nämlich in einem Jerusalem, das zu Babylon geworden ist, "...denn es geht nicht an, daß ein Prophet außerhalb von Jerusalem umkommt." (Lukas 13:33).

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4. Das Zeugnis

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Was für die Prophetie gesagt wurde, gilt auch für das Zeugnis. Das Hauptwort "Zeugnis" wird hier als Entsprechung zu dem Verb "prophezeien" in Vers 3 und dem Hauptwort "Prophetie" in Vers 6 verwendet. Die Wortfamilie μάρτ(mart-ist mit der Heiligen Schrift verbunden. Am häufigsten kommt das Hauptwort "Zeugnis/Zeuge" in Kombination mit dem Wort Gottes vor. Wie z. B. "das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu" (Offenbarung 1:2+9 und Offb. 20:4) s. *(13). Dieser Gedanke findet sich auch außerhalb der Offenbarung.

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5. Die große Stadt

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Babylon, die "große Stadt", findet sich in Offenbarung 11:8. Babylon wird als Frau, als Hure und als Stadt dargestellt. Sie hat ein Gegenstück in der Geschichte, die Frau aus Offenbarung 12, die den Messias auf die Welt bringt und die wahre Gemeinde Gottes darstellt. Sie hat auch ein endzeitliches Gegenstück, das als "Frau" und "Stadt" dargestellt wird, nämlich das"Neue Jerusalem", die heilige und geliebte Stadt, die "Braut des Lammes". Während in Offenbarung 11:8 und 13 Babylon gemeint zu sein scheint, wird in Offenbarung 11:2 die heilige Stadt erwähnt. Sie wird 42 Monate lang mit Füßen getreten. Das ist die gleiche Zeitspanne, in der die "Frau" aus Offenbarung 12 in der Wüste ist.

Mit anderen Worten: Die "heilige Stadt" in Offenbarung 11:2 und die "Frau" in Offenbarung 12 scheinen ein und dieselbe Einheit zu sein, nämlich die wahre Gemeinde, die durch die Jahrhunderte hindurch schwierige Zeiten durchlebt hat. Die Gemeinde ist die heilige Stadt. Offensichtlich werden diese beiden Städte in Offenbarung 11:1-13 einander gegenübergestellt. Aber wenn die heilige Stadt tatsächlich die Gemeinde darstellt, dann ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß die "zwei Zeugen" ebenfalls die Gemeinde ist. Es ist besser, die "beiden Zeugen" als die Heilige Schrift zu verstehen.

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6. Die Zeitspanne

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Die 1260 Tage/ Jahre kommen in der Offenbarung in verschiedenen Formen vor, nämlich als

  • 1260 Tage

  • 42 Monate und als

  • 3 1/2 Zeiten.

Diese Zeitspanne findet sich zweimal in Daniel und fünfmal in der Offenbarung. Normalerweise bezieht sie sich auf die Zeit der Bedrängnis, durch die die Gemeinde Gottes gehen muß. Obwohl derselbe Zeitraum in Bezug auf die beiden Zeugen verwendet wird, scheint die Betonung etwas anders zu sein.

Während Daniel 7:25 und Kapitel 12:7 *(44) sowie Offenbarung 11:2 s. *(1) Kapitel 12:6+14 *(45) und Kapitel 13:5 *(46) sich auf den gesamten Zeitraum zu beziehen scheinen, geht es in Offenbarung 11:3-13 s. *(1) offenbar um das Ende der Zeitspanne. Während die Gemeinde am Ende der 1260 Jahre befreit wird, werden die "beiden Zeugen getötet". Daher können die beiden Zeugen nicht die Gemeinde darstellen.

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7. Die Leuchter

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Die sieben Leuchter aus Offenbarung 1-2 und die zwei Leuchter aus Offenbarung 11:4 sind nicht unbedingt identisch. Sie befinden sich an unterschiedlichen Orten. Zwar stehen beide Gruppen in einer bestimmten Beziehung zum Herrn, aber die Tatsache, daß die beiden Leuchter vor dem Herrn der Erde stehen, hebt sie hervor und schenkt ihnen besondere Aufmerksamkeit. Während fünf der sieben Leuchter in Offenbarung 2-3 getadelt werden und zwei von ihnen kein Lob erhalten, werden über die beiden Leuchter in Offenbarung 11 keine negativen Aussagen gemacht. Man könnte argumentieren, daß die beiden positiven Leuchter aus Offenbarung 2-3 in den beiden Leuchtern aus Offenbarung 11 zu sehen sind. Allerdings sind die Leuchter von Smyrna und Philadelphia örtlich begrenzt, die beiden Leuchter von Offenbarung 11 aber offensichtlich nicht. Smyrna und Philadelphia sind auch zeitlich begrenzt, wenn man sie als Zeitabschnitte der Kirchengeschichte betrachtet, während die Leuchter von Offenbarung 12 die gesamte Spanne von 1260 Jahren und mehr abdecken. Wir sind also nicht gezwungen, die Leuchter aus Offenbarung 11 als die Gemeinde oder als ähnliche Gebilde zu verstehen, im Gegenteil.

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8. Das Gerichtsmotiv

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Das Gericht scheint eine entscheidende Rolle im Dienst der beiden Zeugen zu spielen.

  • "Feuer" aus dem Mund der Zeugen, das die Feinde verschlingt und tötet,

  • das Ausbleiben des "Regens",

  • das Verwandeln des "Wassers" in Blut und

  • das Herbeiführen aller möglichen Plagen sind starke Worte.

Obwohl es sich um eine symbolische Beschreibung handelt, wird der Gedanke des Gerichts ganz klar verwendet. Das Gericht geht auch nach der Auferstehung der Zeugen weiter. Die Bewohner der Erde sind entsetzt und werden wahrscheinlich erneut gequält. Ein Erdbeben vernichtet ein Zehntel der Stadt und tötet 7000 Menschen. Dies ist nicht das endzeitliche Erdbeben, das in Offenbarung 6:14 *(46) und Offenbarung 16:18-20 *(47) beschrieben wird, aber es ist trotzdem ein Gericht. Dennoch ist Umkehr noch möglich. Offenbarung 13:3-13 *(48) paßt in den Gesamtzusammenhang der Posaunen als Gerichte, die die Menschheit zur Umkehr führen sollen.

Die Art der Plagen und Qualen ist wahrscheinlich die gleiche wie die, die die Gottlosen in den ersten sechs Posaunen erfahren, insbesondere in den ersten beiden Wehklagen. Darauf deuten die folgenden lexikalischen und begrifflichen Parallelen hin:

*(49)

(1) Beide werden als "Plagen" bezeichnet (Offenbarung 8:12; 9:20; 11:6)

(2) und richten sich gegen "Erdbewohner" (Offenbarung 8:13; 11:10)

(3) durch Wesen, deren Mund zum Richten "ermächtigt" wurde (Offenbarung 9:3,10,19; 11:6).

(4) Die Plagen umfassen Hungersnöte (vgl. Offenbarung 8:8-9; Heuschrecken in 9:7-10; 11:6a),

(5) "Töten" (Offenbarung 9:15; 18, 20; 11:5) und

(6) "Schaden" (Offenbarung 9:10, 19; 11:5)

(7) "Feuer, das aus dem Mund" der Scharfrichter kommt (Offenbarung 9,17-18; 11,5; vgl. 16,8-9),

(8) Wasser, das zu "Blut" wird (Offenbarung 8,8; 11,6), und

(9) Wirkungen im und vom "Himmel" (Offenbarung 8,10; 9,1; 11,6; vgl. 8,12).

(10) Die Plagen haben auch die Wirkung, das Gemüt der Ungläubigen zu "quälen",

indem sie sie an ihre hoffnungslose geistliche Lage erinnern, was zu Formen der

Depression führt (Offenbarung 9,5-6; 11,10).

(11) Die Prophetie von den ersten sechs Posaunen und den Zeugen enden beide mit einem bestimmten Prozentsatz von Ungläubigen, die getötet werden … "Übrige" finden sich auch in Offenbarung 9:20 und 11:13.

Während es bei den Posaunen um böse Mächte geht, weist das Gericht durch die beiden Zeugen auf eine andere Seite hin und betont vielleicht deutlicher die direkte Beteiligung Gottes.

Um auf unsere Frage zurückzukommen, ob die "beiden Zeugen" die Gemeinde oder die Schrift darstellen, stellen wir fest, daß die Sprache - obwohl symbolisch - auf eine aktive Beteiligung der "beiden Zeugen" am Gericht hinweist. Gemäß der Heiligen Schrift verkündet die Gemeinde die Botschaft des Evangeliums, vollzieht aber nicht das Gericht. Doch nach Hebräer 4:12 hat die Heilige Schrift eine solche Funktion:

"Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und es dringt durch, bis es scheidet sowohl Seele als auch Geist, sowohl Mark als auch Bein, und es ist ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens."

Daher ist es vielleicht besser, die beiden Zeugen als die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments zu betrachten.

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9. Strukturelle Überlegungen

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Das Buch der Offenbarung enthält drei große Zwischensequenzen oder Erweiterungen:

Offenbarung 7, Offenbarung 10-11a und Offenbarung 14a.

Offenbarung 7 befaßt sich mit einer Betrachtungsweise der Gemeinde, den 144.000 und der großen Schar. In Offenbarung 14a geht es um die 144.000, aber auch um die Botschaft, die verkündet werden muß. In Offenbarung 10 macht Johannes als Vertreter der Gemeinde eine süße und bittere Erfahrung, indem er eine Schriftrolle ißt, die Teil des Wortes Gottes ist. Somit enthält Offenbarung 10 sowohl die Gemeinde als auch die Heilige Schrift. In Offenbarung 11 könnte das gleiche Muster zu finden sein. Die Gemeinde ist die heilige Stadt. Die "zwei Zeugen" stehen für die Heilige Schrift.

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Zusammenfassung

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Unsere Nachforschungen haben uns gezeigt, daß die "beiden Zeugen" als die Schriften des Alten und des Neuen Testaments zu verstehen sind. Wir haben eine Reihe von Hinweisen auf die Heilige Schrift gefunden, insbesondere die Begriffe "Prophezeiung", "Zeugnis", "Feuer", die Verwendung der Einzahl für die "zwei Zeugen", doppelte Koppelaussagen, die sich auf das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu beziehen. Sie bestätigen unsere Vermutung, daß die "zwei Zeugen" die Heilige Schrift darstellen, wie sie uns im Alten und Neuen Testament begegnet. Weitere Forschungen zu dieser schwierigen Stelle könnten von Nutzen sein.

© Übersetzung - Alex Janzen - Oktober 2022




* (1) bis (49)

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Bibeltexte 

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