12.10.2021

(02) Der Galaterbrief - Das Problem mit der Beschneidung

 


Wir werden gleich zu Beginn ein paar Verse mehr lesen. Es heißt in Galater 2:1

"Darauf, nach 14 Jahren, zog ich wieder hinauf nach Jerusalem mit Barnabas und nahm auch Titus mit."

Wir befinden uns hier mitten in der Beschreibung des Apostels Paulus, wie er bekehrt und in welches Apostelamt er berufen wurde.

Es waren inzwischen schon 17 Jahre seit der Bekehrung von Paulus vergangen, während er diese Geschichte erzählte, und das wird im weiteren Verlauf noch eine Rolle spielen. Laßt uns jetzt sehen wie es weiter geht. Galater 2:2-5,

"Ich zog aber aufgrund einer Offenbarung hinauf und legte ihnen, insbesondere den Angesehenen, das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige, damit ich nicht etwa vergeblich liefe oder gelaufen wäre. Aber nicht einmal mein Begleiter Titus, obwohl er ein Grieche ist, wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen. Was aber die eingeschlichenen falschen Brüder betrifft, die sich hereingedrängt hatten, um unsere Freiheit auszukundschaften, die wir in Christus Jesus haben, damit sie uns unterjochen könnten — denen gaben wir auch nicht eine Stunde nach, daß wir uns ihnen unterworfen hätten, damit die Wahrheit des Evangeliums bei Euch bestehen bliebe."

Es gibt also einige sehr finstere Pläne, von denen er hier spricht, und im Zentrum steht in Vers 3 die Aussage, daß nicht einmal Titus, der bei ihm war, weil er ein Grieche, also kein Jude war, gezwungen wurde, sich beschneiden zu lassen. Das sagt er fast aus dem Nichts, als ob sie wüßten, wovon er spricht. Aber wir wissen es nicht genau, ob sie es wirklich wußten was Paulus meinte.

Zum Glück wurde für uns diese Geschichte, von der er sagt, daß er nach 14 Jahren wieder nach Jerusalem hinaufzog, aufgezeichnet. Diesen Bericht finden wir in Apostelgeschichte 15. Schauen wir also dort nach, und es wird uns eine etwas bessere Vorstellung davon vermitteln, vor welchem Hintergrund der Apostel Paulus diesen Brief an die Gemeinde von Galater schrieb.

In Apostelgeschichte 15:1 heißt es:

"Und aus Judäa kamen einige herab und lehrten die Brüder: Wenn Ihr Euch nicht nach dem Gebrauch Moses beschneiden laßt, so könnt Ihr nicht gerettet werden!"

Jetzt bekommen wir einen kleinen Hinweis darauf, warum er die Beschneidung in Galater Kapitel 2 erwähnt. Er sagte, daß nicht einmal Titus, ein Grieche, gezwungen war, sich beschneiden zu lassen. Offensichtlich sagten diese Männer, daß man beschnitten sein müsse, aber Paulus selbst war nicht der Meinung, daß das stimmte. In Apostelgeschichte 15:5 heißt es dann erneut:

"Aber einige von der Richtung der Pharisäer, die gläubig geworden waren, standen auf und sprachen: Man muß sie beschneiden und ihnen gebieten, das Gesetz Moses zu halten!"

Nun, die Pharisäer waren jüdische religiöse Führer, die hier Jesus Christus als den Messias anerkannten. Sie waren also gläubige Pharisäer. Doch dann es heißt es in Apostelgeschichte 15:5,

"Sie standen auf und sprachen: Man muß sie beschneiden und ihnen gebieten, das Gesetz Moses zu halten!"

Es gibt Leute, die das lesen und sagen, es ist sehr offensichtlich, was hier passiert. Sie wollen, daß diese neuen Gläubigen beschnitten werden, und man soll ihnen gebieten die Zehn Gebote zu halten. Ich möchte jedoch betonen, daß dieser Begriff "Gesetz des Mose" in der Bibel sehr oft vorkommt.

Im gesamten Neuen Testament kommt der Begriff "Gesetz des Mose" ca. 20 mal vor. Dabei bezieht sich dieser Begriff nie ausschließlich auf die Zehn Gebote, sondern auf das, was wir den "Pentateuch" oder die "Tora" nennen, die ersten 5 Bücher der Bibel, die von Moses geschrieben wurden. Unterweisungen, die durch Mose kamen. Es ging also nicht nur speziell um die Zehn Gebote, hier geht es offensichtlich um die Beschneidung, die nicht zu den Zehn Geboten gehört. Es geht um das umfassendere Bild der Anweisungen, die Gott durch Mose gab.

Ein Beispiel dafür finden wir im Buch 2. Mose und dort im 12ten Kapitel. Vielleicht sollten wir uns das einmal genauer ansehen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie diese Leute gedacht haben könnten. In 2. Mose 12 heißt es in Vers 43:

"Und der Herr sprach zu Mose und Aaron."

Der Herr gibt uns also eine Anweisung, und Mose hat sie aufgeschrieben, und in Vers 48 sagt Er:

"Und wenn sich bei Dir ein Fremdling aufhält und dem Herrn das Passah feiern will, so soll alles Männliche bei ihm beschnitten werden, und dann erst darf er hinzutreten, um es zu feiern; und er soll sein wie ein Einheimischer des Landes, denn kein Unbeschnittener darf davon essen."

Das steht also in 2. Mose. Und diese Pharisäer glaubten, sie würden Texte wie den im Buch 2. Mose lesen und sagen können, daß in 2. Mose steht, daß ein Nichtjude, der zu ihnen gehören will, beschnitten werden muß. Das stimmt, und ich denke, daß es für uns schwierig ist, dies zu betrachten und eine Schlußfolgerung zu ziehen, wenn wir nicht wirklich den Hintergrund kennen, wie die Beschneidung überhaupt zustande kam. Wir müssen also zum Vater der Juden, Abraham, zurückgehen. Wir gehen zurück zu 1. Mose 12, zu Abraham, weil er derjenige war, dem das Gebot der Beschneidung gegeben wurde. Wir werden also dort hingehen und herausfinden, welche Bedeutung das hatte. In 1. Mose 12:1-3 können wir folgende Worte lesen:

"Der Herr aber hatte zu Abram gesprochen: Geh hinaus aus Deinem Land und aus Deiner Verwandtschaft und aus dem Haus Deines Vaters in das Land, das Ich Dir zeigen werde! Und Ich will Dich zu einem großen Volk machen und Dich segnen und Deinen Namen groß machen, und Du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die Dich segnen, und verfluchen, die Dich verfluchen; und in Dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf der Erde!"

Um aus Abraham ein großes Volk zu machen und damit alle Familien der Erde durch ihn gesegnet werden, brauchte er Nachkommen. Es dauerte eine Weile, und nichts geschah. Seine Frau Sarai war nicht schwanger, und etwa 10 Jahre später kommen wir zu Kapitel 15, und wir sehen, daß die Verheißung immer noch nicht erfüllt war. Nun, irgendwann wurde es offensichtlich, und zwar schon ein paar Verse vorher, in 1. Mose‬11:30,

"Sarai‭ aber ‭war‭ unfruchtbar;‭ sie ‭hatte ‭kein ‭Kind.‭"

Sie dachten also, daß sie früher oder später fruchtbar werden würde, aber die Realität ist, daß es auch mit der Zeit, keine Nachkommenschaft gab. Die Hoffnung wurde immer geringer. Und dann heißte es in 1.Mose 15:1,

"Fürchte ‭Dich ‭nicht,‭ Abram,‭ Ich ‭bin‭ Dein‭ Schild‭ und‭ Dein‭ sehr‭ großer‭ Lohn!‭"

Gott spürte seine Angst, und sagte deswegen:

"Ich ‭bin‭ Dein‭ Schild‭ und‭ Dein‭ sehr‭ großer‭ Lohn!‭"

Das ist ein kraftvoller Vers in der Heiligen Schrift. Gott versprach Abraham, daß Er selbst seine Belohnung sein würde. Aber Er fährt in 1. Mose‬ 15:2-5 fort und sagt:

"Abram aber sprach: »O Herr, Herr, was willst Du mir geben, da ich doch kinderlos dahingehe? Und Erbe meines Hauses ist Elieser von Damaskus!« Und Abram sprach weiter: »Siehe, Du hast mir keinen Samen gegeben, und siehe, ein Knecht, der in meinem Haus geboren ist, soll mein Erbe sein!« Doch siehe, das Wort des Herrn erging an ihn: « Dieser soll nicht Dein Erbe sein, sondern der aus Deinem Leib hervorgehen wird, der soll Dein Erbe sein!« Und Er führte ihn hinaus und sprach: »Sieh doch zum Himmel und zähle die Sterne, wenn Du sie zählen kannst! Und Er sprach zu ihm: So soll Dein Same sein!« "

Hier ist also wieder die Verheißung. Gott sagt: "Abram, Ich habe es Dir vor 10 Jahren gesagt und Ich sage es Dir wieder, Du wirst einen Nachkommen haben, durch den alle Familien der Erde gesegnet sein werden."

Und dann kommen wir zu Vers 6. Und Vers 6 gibt ist ein sehr wichtiger Vers in der Heiligen Schrift. Dieser Vers 6 wird später im Galaterbrief als ein wichtiger Teil des Evangeliums behandelt werden. In 1. Mose‬15:6 heißt es:

"Und er..."

das ist Abram,

"… glaubte dem Herrn, und das rechnete Er ihm als Gerechtigkeit an."

Dies ist ein sehr wichtiger Vers. Abraham glaubte immer noch an die Verheißung. Gott hatte gesagt, daß dieser Erbe aus seinem eigenen Körper kommen würde, aber Er hatte nicht gesagt, daß er aus Sarais Körper kommen würde. Also sagte Sarai: "Das klappt nicht, ich bin immer noch unfruchtbar", und deswegen schmiedete sie einen Plan, der vorsah, daß Hagar, Ihre Magd, diejenige sein sollte, durch die Abram schließlich Nachkommen haben würde. Sie spürten förmlich, daß sie dem Herrn unter die Arme greifen mußten, damit es sich doch noch erfüllte, was Gott versprochen hatte. Sie würden selbst dafür sorgen, daß ein Nachkomme im Haus geboren würde.

Und so wurde natürlich ein Nachkomme geboren. Sein Name war Ismael, und Abraham, Sarai und Hagar dachten, sie hätten den Willen Gottes durch Ihren eigenen Plan erfüllt. Ismael wuchs heran, und viele Jahre lang waren sie zufrieden, weil sie dachten, daß sich die Verheißung Gottes erfüllt hatte. Wir lesen nun weiter in 1. Mose 16:16. Dort heißt es:

"Und Abram war 86 Jahre alt, als Hagar ihm den Ismael gebar."

Sie dachten, das sei das Kind und die Verheißung sei erfüllt. Doch dann kommen wir zu dem nächsten Vers. Wir gehen jetzt zu 1. Mose‬17:1,

"Als nun Abram 99 Jahre alt war, erschien ihm der Herr und sprach zu ihm: »Ich bin Gott, der Allmächtige. Wandle vor Mir und sei untadelig!«"

Ismael müßte also zu diesem Zeitpunkt irgendwo zwischen 13 und 14 Jahren alt gewesen sein. Seit 13 Jahren ist dies das Kind, das Abraham in seinem Herzen als seinen eigenen Sohn bewahrt und gehütet hat. Er dachte, daß ist der verheißene Erbe. Er dachte es. Doch dann kam Gott zu Abraham und sagt in 1. Mose‬17:2+3

"Und Ich will Meinen Bund schließen zwischen Mir und Dir und will Dich über alle Maßen mehren! Da fiel Abram auf sein Angesicht. Und Gott redete weiter mit ihm und sprach:"

Hier ändert Gott nun seinen Namen in Abraham. Aber Abraham ist außer sich, und das wird in 1. Mose‬17:18 deutlich, wo es heißt:

"Und ‭Abraham‭ sprach‭ zu ‭Gott: Ach,‭ daß ‭Ismael‭ vor Dir ‭leben‭ möchte!‭"

Er konnte es einfach nicht verstehen, denn 13 Jahre lang dachte er, daß dies die Erfüllung der Verheißung sei, und dann taucht Gott auf und sagt: "Okay, Abraham, jetzt ist es so weit." Er hatte sein ganzes Herz an Ismael gehängt und Ismael als den Verheißenen angesehen. Und nun kommt Gott zu ihm und sagt, daß Ismael nicht der Verheißene ist und wir greifen jetzt diese Situation in 1. Mose‬ 17:9-11 auf.

"Und Gott sprach weiter zu Abraham: »So bewahre Du nun Meinen Bund, Du und Dein Same nach Dir, von Geschlecht zu Geschlecht! Das ist aber Mein Bund, den Ihr bewahren sollt, zwischen Mir und Euch und Deinem Samen nach Dir: Alles, was männlich ist unter Euch, soll beschnitten werden. Und Ihr sollt am Fleisch Eurer Vorhaut beschnitten werden. Das soll ein Zeichen des Bundes sein zwischen Mir und Euch.«"

Was für ein Zeichen. Wenn Menschen das sehen, sagen sie, warum in aller Welt hat Gott ausgerechnet die Beschneidung als Zeichen eingesetzt? In Wirklichkeit hatte Gott es mit einem Teil von Abrahams Anatomie zu tun. Gott wollte ihm und jeder nachfolgenden Generation mitteilen, daß er erst dann etwas tun könnte, wenn das Fleisch weggeschnitten wäre. Erst dann, wenn Gott in dieser Situation eine Operation durchgeführt hätte. Erst dann würden die Werke des Menschen für Gott annehmbar sein. Und das deutet auf etwas hin. Es deutet nicht so sehr auf die äußere Form der Beschneidung hin, sondern auf etwas wo Gott mit eingeschlossen ist.

Wir können das ganz gut in 5. Mose sehen. Dort gibt Gott uns ein kleines Bild, eine Ausschau zu Gottes wahren Absichten betreffs der Beschneidung. In 5. Mose 10:16 sagt Gott etwas sehr Interessantes.

"So beschneidet nun die Vorhaut Eures Herzens und seid nicht mehr halsstarrig!"

Halsstarrig sein bedeutet stur zu sein. Die Beschneidung der Vorhaut des Herzens bedeutet, daß es keine äußere Veränderung, sondern eine innere Veränderung bewirkt. Es gibt noch einen weiteren Vers im fünften Buch Mose, der dies anspricht, und zwar in Kapitel 30:6. Ich denke, es lohnt sich diesen Vers zu betrachten. Es heißt hier in 5. Mose‬ 30:6,

"Und der Herr, Dein Gott, wird Dein Herz..."

Da steht es wieder.

"...und das Herz Deiner Nachkommen beschneiden, daß Du den Herrn, Deinen Gott, liebst

von ganzem Herzen und von ganzer Seele, damit Du lebst."

Die Bedeutung der Beschneidung war also ein Zeichen und ein äußeres Symbol für eine innere Tatsache des Mißtrauens in sich selbst, des Mißtrauens in das Fleisch, und des Wunsches, Gott in allem zu vertrauen und Ihn von ganzem Herzen zu lieben.

Solange das Fleisch, also meine eigenen Meinungen, meine eigenen Ideen, meine eigene Gerechtigkeit und meine eigenen Pläne im Weg waren, konnte ich den Herrn, meinen Gott, nicht von ganzem Herzen lieben. Und Abraham hat es auch genauso verstanden. Doch, das war aber nicht bei allen seinen Nachkommen der Fall. Mit der Zeit wurde es mehr und mehr als einfache "Eintrittskarte" betrachtet, als Garantie für den Himmel. Anstatt also die innere Veränderung anzustreben, für die es ein Zeichen war, verließ sich das jüdische Volk lieber nur auf das äußere Zeichen der Beschneidung.

Und das Gesetz der Beschneidung wurde zu ihrer Religion. Sie wurde zur Grundlage ihres Glaubens. Ein Zeichen, das auf die Grundlage hinwies, wurde für die Juden zur Grundlage selbst, und das sehen wir im Buch der Galater. Wenn wir zum Buch an die Galater, Kapitel 2 gehen, erzählt uns Paulus von diesem Hintergrund her, die Situation in Galatien. In Galater 2:11 berichtet er von einer Erfahrung, die er dort gemacht hat.

"Als‭ aber‭ Petrus‭ nach‭ Antiochia ‭kam,...‭"

Wir sprechen übrigens hier von Apostelgeschichte 15, als sie nach Jerusalem zurückkehrten. In Apostelgeschichte 15 kam die Gemeinde zusammen und die Gemeinde beschloß in dieser Sitzung als Ganzes, daß sie den Gläubigen die Beschneidung nicht aufzwingen werden. Und diese Dinge hier finden nun nach dieser Begebenheit statt. Obwohl diese Versammlung schon entschieden hat, gab es immer noch Leute, die die Bedeutung der Beschneidung betonten. Sie war in ihrer Kultur einfach fest verankert. So sehen wir dies in Galater ‬2:11+12:

"Als aber Petrus nach Antiochia kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn er war im Unrecht. Bevor nämlich etliche von Jakobus kamen."

Das ist Jakobus, der Bruder Jesu, der in Apostelgeschichte 15 dem Gemeinderat vorsaß und auch das Oberhaupt der Urgemeinde war. Diese Leute kamen von Jakobus, anders ausgedrückt, sie kamen von ihren jüdischen Gemeindeleitern zurück. So heißt es dann in Galater‬ 2:13:

"Bevor nämlich etliche von Jakobus kamen, aß er mit den Heiden; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, weil er die aus der Beschneidung fürchtete. Und auch die übrigen Juden heuchelten mit ihm, sodaß selbst Barnabas von ihrer Heuchelei mit fortgerissen wurde."

Barnabas war der Begleiter von Paulus, sein Reisegefährte. Als Petrus diese Juden nun hereinkommen sieht, fühlt er sich plötzlich unwohl unter den Heiden, weil sie unbeschnitten sind, obwohl er mit ihnen gearbeitet und ihnen das Evangelium gepredigt hat. Er hatte sie gelehrt, daß sie das gleiche Recht auf das Evangelium haben wie die Juden, aber diese eine Handlung hat die Botschaft des Evangeliums sehr beschädigt. Als er nun zu dieser anderen Gruppe von Juden hinübergeht und sich zu ihnen setzt, läßt er die Heiden verwirrt zurück, was sich sogar auf Barnabas und einige der anderen Leiter dort auswirkt. Denkt daran, daß dies 17 Jahre nach der Bekehrung von Paulus geschah.

Das ist wirklich ein ernsthafter Gruppendruck gewesen, den er erlebte und er war so tief greifend, daß er wahrscheinlich eine Menge Zweifel hatte, obwohl es in Apostelgeschichte 15 den Anschein hatte, daß er sehr standhaft war, weil Gott es ihm persönlich gezeigt hatte, daß die Heiden zum Volk Gottes gehören. Gott gab ihm in Apostelgeschichte Kapitel 10 eine Vision, die ihm half zu sehen, daß auch die Heiden das Evangelium empfangen konnten. Und doch war da bei ihm irgendwie diese Vorstellung, daß der äußere Ritus der Beschneidung dazugehört. Er hatte das Gefühl, daß man erst dazugehört, wenn man sich beschneiden läßt, und wenn man das nicht war, dann war man keiner von ihnen. Das war so stark bei ihm ausgeprägt, daß Petrus diesen Vorschlag einfach unterstützten mußte. Daß die Beschneidung aber wirklich nur ein äußerer Ritus war und daß die Beschneidung eigentlich eher ein Zeichen für eine wirkliche Veränderung des Herzens sein sollte, daß übersah Petrus hier.

Wenn wir darüber nachdenken, was ist schwieriger? Ist es schwieriger, das äußere Verhalten zu ändern oder den Stolz, den selbstsüchtigen Willen, von dem jeder von uns herausgefordert ist, sie aufzugeben?

Wenn man zum Beispiel einen Job bekommt und der Chef will, daß man ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt, dann kann man das tun, um seinen Job zu behalten, aber das heißt nicht, daß man da wirklich dahintersteht. Es bedeutet nicht, daß es ins Herz übergeht. Wenn man sich nun den Galaterbrief anschaut, gibt es dort einen Vers, der mich wirklich beeindruckt, und Paulus sagt dort in Galater‬ 5:11,

"Mir, liebe Brüder, wird unterstellt, ich würde immer noch verkünden, man müsse sich beschneiden lassen."

Die Beschneidung zu predigen, hieße also offenbar, den leichteren Weg zu predigen.

Mit anderen Worten: Es wäre der leichtere Weg, nur äußerliche Veränderungen zu predigen, denn der fordert sie nicht auf, die Bedeutung der Beschneidung zu erkennen und ihren Willen dem Willen Gottes und ihr Herz Gott zu überlassen. Und genau das tat Paulus. Und das war der Grund für die Verfolgung. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die Leute heute denken, nämlich daß Paulus im Galaterbrief sagt: "Ihr macht es Euch zu schwer, geht doch den leichten Weg." In Wirklichkeit hat er davon gesprochen, daß wir nicht nur die Oberfläche ansprechen sollen, sondern, daß wir tiefer gehen müssen.

Nun ist die Beschneidung sozusagen ein Zeichen für etwas viel Bedeutsameres. Der Apostel Paulus spricht hier über Abraham und seine Erfahrung und sagt in Römer ‬4:11+12

"Und er empfing das Zeichen der Beschneidung als Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, den er schon im unbeschnittenen Zustand hatte, damit er ein Vater aller unbeschnittenen Gläubigen sei, damit auch ihnen die Gerechtigkeit angerechnet werde; und auch ein Vater der Beschnittenen, die nicht nur aus der Beschneidung sind,..."

Mit anderen Worten, es reichte nicht aus, beschnitten zu sein.

"...sondern die auch wandeln in den Fußstapfen des Glaubens, den unser Vater Abraham hatte, als er noch unbeschnitten war."

Mit anderen Worten, bei der Beschneidung ging es um eine Glaubenserfahrung, sie sollte nicht nur ein äußeres Symbol sein. Das äußere Symbol war nur etwas, das mit einer inneren Veränderung verbunden war. Das Zeichen an sich bedeutet also nichts, es sei denn, es gibt eine innere Veränderung. Wenn es aber eine innere Veränderung gibt, dann hat auch das Zeichen einen Wert. In der Frage, die dem Brief an die Gemeinde der Galater zugrunde lag, hatten sie im Wesentlichen die wahre Bedeutung, also die innere Veränderung, einfach nur durch das äußere Zeichen ersetzt. Dieses äußere Zeichen hat von ihnen keine Veränderung verlangt.

Der Apostel Paulus versucht immer wieder, die wahre Bedeutung der Erlösung hervorzuheben und dazu beizutragen, daß die Erlösung wieder zu einer innerlichen Realität wird, denn solange wir den Menschen erzählen, daß eine äußerliche Veränderung ausreicht, berauben wir sie des Friedens mit Gott. Es gibt ein paar Verse, in denen Paulus dieses Problem besonders anspricht. In Galater 5:6 heißt es:

"Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe wirksam ist."

Und wenn wir den Galaterbrief weiterlesen, dann heißt es dort in Galater ‬6:15,

"Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Schöpfung."

In 1. Korinther 7:19 heißt es:

"Beschnitten sein ist nichts und unbeschnitten sein ist auch nichts, wohl aber Gottes Gebote ‭halten.‭"

Der Apostel Paulus führt sie immer wieder auf das eigentliche Thema zurück, und letztlich ist die Beschneidung eine Sache des Herzens. Es ging nicht um die Beschneidung, sondern um die Herzensangelegenheit. Es ging nicht darum, ob sie am Fleisch beschnitten waren oder nicht, sondern ob ihr Herz beschnitten war. Die Frage war, ob ihr Herz durch die Gnade Christi erneuert worden ist.

(02) "Das Problem mit der Beschneidung"

Übersetzung Alex Janzen, Oktober 2021©



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