12.10.2021

(03) Der Galaterbrief - Wie wird man gerechtfertigt?

 


Wir hatten über die Auseinandersetzung gesprochen, die zwischen dem Apostel Paulus und dem Apostel Petrus in Galater 2:11 aufkam.

Nochmal zur Erinnerung. Hier in Galater‬2:11-16 heißt es:

"Als aber Petrus nach Antiochia kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn er war im Unrecht. Bevor nämlich etliche von Jakobus kamen, aß er mit den Heiden; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, weil er die aus der Beschneidung fürchtete. Und auch die übrigen Juden heuchelten mit ihm, sodaß selbst Barnabas von ihrer Heuchelei mit fortgerissen wurde. Als ich aber sah, daß sie nicht richtig wandelten nach der Wahrheit des Evangeliums, sprach ich zu Petrus vor allen: »Wenn Du, der Du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, was zwingst Du die Heiden, jüdisch zu leben?« Wir sind [zwar] von Natur Juden und nicht Sünder aus den Heiden; [doch] weil wir erkannt haben, daß der Mensch nicht aus Werken des Gesetzes gerechtfertigt wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, so sind auch wir an Christus Jesus gläubig geworden, damit wir aus dem Glauben an Christus gerechtfertigt würden und nicht aus Werken des Gesetzes,‭weil‭ aus‭ Werken ‭des‭ Gesetzes ‭kein‭ Fleisch‭ gerechtfertigt ‭wird.‭"

Hier sehen wir diesen nachdrücklichen Aufschrei gegen die Rechtfertigung durch die Werke des Gesetzes. Denn davon spricht er ganze 3 mal.

Der Kernpunkt des Galaterbriefes, den er nachdrücklich darlegt und den er meiner Meinung nach durch das ganze Buch hindurch zu vermitteln versucht, ist, daß die Rechtfertigung durch den Glauben kommt und nicht durch Werke des Gesetzes. Wenn man sich Vers 16 ansieht, wird dies, wie gesagt, gleich dreimal erwähnt. Und er sagt ausdrücklich, daß durch die Werke des Gesetzes kein Mensch gerechtfertigt werden kann.

Wir wollen uns jetzt ein wenig Zeit nehmen, um über die Rechtfertigung zu sprechen, denn sie ist das zentrale Thema des Galaterbriefes.

Wir haben darüber ja schon gesprochen, was das Evangelium ist. Das wahre Evangelium ist genau das, was Paulus hier anspricht und das Herzstück des Evangeliums ist die Rechtfertigung.

Wenn es nun heißt, daß durch die Werke des Gesetzes kein Mensch gerechtfertigt werden kann, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, daß Paulus hier zwar negativ über etwas spricht, allerdings spricht er nicht negativ über das Gesetz, sondern über die Werke des Gesetzes.

Tatsächlich geht es nicht einmal nur um die Werke des Gesetzes, sondern darum, durch die Werke des Gesetzes gerechtfertigt zu werden. Es macht also keinen Sinn, zu sagen, daß dies irgendwie das Gesetz abschafft und hier ist der Grund dafür: Es liegt im Wort "gerechtfertigt"! Wer muß gerechtfertigt werden? Nun, jemand, der schuldig ist. Man kann aber ohne das Gesetz nicht schuldig sein, weil es einen Maßstab geben muß, der Schuld darlegt und erklärt.

Rechtfertigung setzt also voraus, daß es ein Gesetz geben muß, das die Situation regelt. Rechtfertigung schließt mit ein, daß es ein Gesetz geben muß. Wenn wir zum Beispiel mit einem Freund über etwas diskutieren und es zu einer kleinen hitzigen Auseinandersetzung kommt, sagen wir unserem Freund manchmal, daß wir versuchen, uns zu rechtfertigen. Was wollen wir damit sagen? Wir wollen damit sagen, daß wir versuchen, uns selbst als unschuldig darzustellen. Man versucht sich zu rechtfertigen, wenn man das Gefühl hat, daß man angegriffen wurde, oder, daß man beschuldigt wird. Die Selbstrechtfertigung beginnt damit, wenn der Mensch versucht, sich zu rechtfertigen, weil er das Gefühl hat, daß ihn jemand beschuldigt hat und er deshalb seine Unschuld beweisen muß.

Wir sprechen also von Rechtfertigung. Was Paulus hier sagt ist, daß Rechtfertigung die Antwort des Menschen auf das Gefühl der Verurteilung ist. Und dieses Gefühl, das wird durch das Gesetz hervorgerufen. Es gibt hier noch etwas, was wir hier beachten müssen. Wenn wir uns den griechischen Text ansehen, ist es interessant, daß Paulus im Griechischen keinen bestimmten Artikel verwendet. Er benutzt das Wort "nomos" νόμος , das griechische Wort für "Gesetz", aber er benutzt keinen bestimmten Artikel.

Galater‬ 2:16

"[Doch] weil wir erkannt haben, daß der Mensch nicht aus Werken des Gesetzes gerecht fertigt wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, so sind auch wir an Christus Jesus gläubig geworden, damit wir aus dem Glauben an Christus gerechtfertigt würden und nicht aus Werken des Gesetzes, weil aus Werken des Gesetzes kein Fleisch gerecht fertigt wird."

Er versucht also nicht einmal, sich auf ein bestimmtes Gesetz zu beschränken, sondern er spricht nur über die Rolle des Gesetzes und die Verurteilung und den Versuch des Menschen, sich durch das Gesetz zu rechtfertigen. Doch das ist nicht die Aufgabe des Gesetzes. Das Gesetz ist dazu da, die Schuld aufzuzeigen, die eine Rechtfertigung des Menschen erfordert. Rechtfertigung, wie wir sie hier dargelegt haben, ist also nur nötig, wenn jemand schuldig ist.

Schauen wir uns dazu eine Stelle an, die uns ein wenig zeigt, wie und wen Gott rechtfertigt. Sie steht in Römer 4:5. Dort heißt es:

"Wer dagegen keine Werke verrichtet, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, dem wird sein Glaube als Gerechtigkeit angerechnet."

Und damit sind wir wieder beim Thema, denn wer sonst sollte gerechtfertigt werden, wenn nicht die, die es nötig haben, gerechtfertigt zu werden. Gott rechtfertigt nicht die, die "keine Probleme haben", nicht die, "die perfekt sind" und "ohne Fehler" durch das Leben gehen. Gott rechtfertigt die Unvollkommenen, diejenigen die einen Mangel verspüren, weil sie die einzigen sind, die nach Rechtfertigung verlangen.

Wir haben also verschiedene Beispiele in der Bibel betrachtet die dieses Thema beleuchten. Jetzt wollen wir uns verschiedene Beispiele in der Bibel für Menschen anschauen, die sich nach dieser Rechtfertigung sehnten und wie sie darauf reagierten. Und ich möchte noch einen Punkt hinzufügen, den wir ansprechen werden: Wir sind alle sündhaft, wie es in der Schrift heißt. Es gibt also nicht eine Klasse von Menschen, die keine Rechtfertigung brauchen würde, aber es mag einige geben, die das Gefühl haben, daß sie keine Rechtfertigung benötigen. Wir sind alle sündig, aber nicht jeder spürt daß er sündig ist.

Schauen wir uns ein Beispiel in Lukas 10:25 an. In diesem Abschnitt geht es um einen Mann, einen jungen Rechtsgelehrten, der sich inbesondere mit der Frage der Rechtfertigung auseinandersetzt. Und so heißt es dann in Lukas‬10:25-28

"Und siehe, ein Gesetzesgelehrter trat auf, versuchte Ihn und sprach: Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu erben? Und Er sprach zu Ihm: »Was steht im Gesetz geschrieben?« Wie liest Du? Er aber antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, Deinen Gott, lieben mit Deinem ganzen Herzen und mit Deiner ganzen Seele und mit Deiner ganzen Kraft und mit Deinem ganzen Denken, und Deinen Nächsten wie Dich selbst!« Er sprach zu ihm: »Du hast recht geantwortet; tue dies, so wirst Du leben!«"

Jetzt denkt der Gesetzesgelehrte wahrscheinlich, daß er sich gut geschlagen habe, und deshalb fragt er sich: "Moment mal, ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich alles richtig gemacht habe." Und in Vers 29 wird es dann deutlich worum es ihm wirklich ging: Lukas‬ 10:29

"Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?"

Er wollte sich also rechtfertigen und fragte Jesus: "Wer ist mein Nächster? Ich meine, das ist nicht jeder, oder? Das sind nur bestimmte Leute, nicht wahr?" Er wollte sicherstellen, daß er unschuldig war, und um das zu erreichen, versuchte er, sich zu rechtfertigen.

Das erinnert mich an ein anderes Beispiel eines jungen Mannes in Lukas 18:18, wo es heißt:

"Und es fragte ihn ein Oberster und sprach: Guter Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu erben?"

Das ist genau die gleiche Frage. Lukas‬18:19-21

"Da sprach Jesus zu ihm: Was nennst Du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein! Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht ehebrechen! Du sollst nicht töten! Du sollst nicht stehlen! Du sollst nicht falsches Zeugnis reden! Du sollst Deinen Vater und Deine Mutter ehren!« Er aber sprach: Das alles habe ich gehalten von meiner Jugend an."

Ein interessanter Unterschied zwischen diesen beiden jungen Männern ist, daß der erste zu erkennen schien, daß er nicht das tat, was er tun sollte. Deshalb versuchte er, sich zu rechtfertigen. Irgendwie versuchte er, sich zu entschuldigen. Nun der zweite Mann jedoch glaubte tief in seinem Herzen wirklich, daß er alles tat, was Gott von ihm verlangt hat. Also kommt Jesus ein wenig näher an das Thema heran und sagt: in Lukas‬18:22,

"Als Jesus dies hörte, sprach‭ Er‭ zu ihm:‭ Eins ‭fehlt‭ Dir ‭noch:‭ Verkaufe ‭alles,‭ was Du‭ hast,‭ und‭ verteile‭ es ‭an ‭die ‭Armen, ‭so ‭wirst ‭Du‭ einen ‭Schatz ‭im ‭Himmel‭ haben,‭ und ‭komm,‭ folge‭ Mir‭ nach!‭"

Und was war die Reaktion darauf? Lukas‬ 18:23,

"Als er aber dies hörte, wurde er ganz traurig; denn er war sehr reich."

Das Interessante an beiden Geschichten ist jedoch, daß beide, wenn man sie genau betrachtet, die Frage stellen: "Was benötige ich, um gerechtfertigt zu werden? Um das ewige Leben zu erben?" Ich meine, bei der Rechtfertigung geht es um das Heil, es geht um die Ewigkeit, und so fragen sie beide, was sie tun müssen, um gerechtfertigt zu werden, und in beiden Fällen sagt Jesus ganz klar: "Wie steht es im Gesetz?" Er verweist sie auf das Gesetz und darauf, ob sie das Gesetz befolgen oder nicht, um zu erkennen, was sie zu tun haben. Jesus benutzt das Gesetz, um sie auf ihre Schuld hinzuweisen, damit sie erkennen, daß sie eine echte Rechtfertigung benötigen. Damit sie in der Lage sind, Ihn zu finden.

Wenn man die Menschen auf das Gesetz hinweist, werden sie, wenn sie es im richtigen Licht betrachten, immer die Notwendigkeit der Rechtfertigung spüren, weil die Bibel zeigt, was jeder Mensch wirklich in sich trägt. Das berührt jeden Menschen, weil wir alle sündhaft sind. Wir wollen uns dazu einen Vers betrachten, der das deutlich macht. Er steht in Römer 8:7 und ist einer der deutlichsten Verse, der den wahren Zustand des Menschen beschreibt.

"Weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht."

Und das ist der Zustand, in dem wir geboren werden.

"...Feindschaft gegen Gott ..."

Das heißt, man ist Gott gegenüber feindselig eingestellt.

"… denn ‭es ‭unterwirft ‭sich‭ dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht."

Diese Natur, mit der wir geboren werden, ist also gegen Gott gerichtet und der Grund, warum sie gegen Gott gerichtet ist, weil sie sich von Natur aus dem Gesetz nicht unterwerfen kann.

Rechtfertigung ist ein wesentlicher Bestandteil des Evangeliums. Wir haben die Rolle der Rechtfertigung und die der Heiligung, die beide erst durch den Glauben an Christus zustande kommen. Darüber werden wir noch später noch lesen. Wir lesen, daß wegen der Verurteilung, die das Gesetz mit sich bringt, eine Rechtfertigung erforderlich ist. Die Rechtfertigung dient dazu, unser Herz mit diesem Gesetz und dem Willen Gottes in Einklang zu bringen. Und der Wille Gottes ist auch in diesem Gesetz klar ersichtlich. Wir haben über die Notwendigkeit der Rechtfertigung gesprochen, und ich möchte, daß wir uns jetzt das Lukas-Evangelium ansehen. Wir gehen zu Lukas 5. Dort finden wir einen Abschnitt, der dieses Thema wirklich hervorhebt. Dort werden wir sehen wie wichtig es ist, die Notwendigkeit der Rechtfertigung durch Christus zu ersehnen. Lukas ‬5:30

"Und‭ die‭ Schriftgelehrten‭ unter‭ ihnen‭ und‭ die‭ Pharisäer‭ murrten‭ gegen Seine‭ Jünger‭ und‭ sprachen: ‭Warum‭ eßt‭ und‭ trinkt‭ Ihr‭ mit‭ Zöllnern‭ und ‭Sündern?‭"

Wir kommen gleich noch auf diesen Vers zurück. Lesen wir weiter in Lukas‬ 5:31+32

"Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße."

Jesus will damit sagen, daß Sein Dienst nicht denen galt, die keine Hilfe brauchten, sondern denen, die Hilfe brauchten. Sein Dienst galt denen, die spürten, daß sie krank waren. Es ist nicht ungewöhnlich, daß Menschen denken: "Ich bin so erbärmlich, ich bin so sündig, daß ich Gott nicht bitten kann, daß Er mir hilft. Ich kann nicht erwarten, daß Gott mich annimmt. Er würde mich niemals so annehmen wie ich bin. "Aber genau das ist es, wofür Jesus gekommen ist.

Und das ist der Grund, warum sie so verärgert sind, weil er mit Zöllnern und Sündern zusammen war. Sie dachten, daß Er mit den Schlimmsten der Schlimmen zusammen war und daß man sich nie in der Gesellschaft dieser niederen Leute aufhalten sollte. Aber genau mit diesen Menschen war Jesus immer zusammen. Er war mit ihnen zusammen, weil sie spürten, daß sie Ihn brauchten.

Eine meiner Lieblingstext ist der, in dem David, nachdem er schwer gesündigt hat, über seine Reue schreibt. Es heißt dort in Psalm 51:5

"Ich erkenne meine Übertretungen."

Der Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, daß David nicht nur seine Übertretungen zu gab, sondern auch, daß er seine Übertretungen als Übertretungen anerkannte. Mit anderen Worten: Es ist eine Sache zu wissen, daß das, was man tut, falsch ist, weil Gott sagt, daß es falsch ist. Es ist eine andere Sache, zu glauben und in Deinem Herzen zu verstehen, warum es falsch ist. Wenn Du nur glaubst, daß es falsch ist, weil Gott sagt, daß es falsch ist, und Du versuchst, es in Ordnung zu bringen, wirst Du nicht verstehen, warum das falsch war. Und deswegen ist es keine Reue von ganzem Herzen. Mit anderen Worten, wenn Ihr nur glaubt, daß Gott denkt, daß es falsch ist, dann ist es eine falsche Reue.

Oft sehen die Menschen die Menschen ihre Übertretungen nicht wirklich als Übertretungen an. Und dadurch zeigen sie, daß sie Gottes Willen nicht wirklich annehmen. Wir sprechen bei der Rechtfertigung immer über das Kreuz Christi, das uns rechtfertigt. Er ist unser Stellvertreter. Jesus hat unsere Strafe für uns übernommen. Indem wir die Strafe anerkennen, die Er für unsere Sünden auf sich nimmt, nehmen wir auch Seinen Willen an. Wenn wir anerkennen, daß unsere Sünde den Sohn Gottes gekreuzigt hat, nehmen wir gleichzeitig auch Seinen Willen an, wie Er ihn in Seinem Gesetz zum Ausdruck bringt. Wir müssen das als eine neue Lebensweise annehmen, sonst erkennen wir nicht wirklich an, daß Sünde wirklich Sünde ist.

Das erinnert mich an das Gleichnis vom Pharisäer und dem Zöllner. Es steht in Lukas‬ 18:9 und steht wieder im Zusammenhang der Rechtfertigung.

"Er sagte aber auch zu etlichen, die auf sich selbst vertrauten, daß sie gerecht seien, und die Übrigen verachteten, dieses Gleichnis:"

Der Gedanke der diesem Gleichnis zugrunde liegt ist der: "Wenn Gott sagt, daß etwas richtig oder falsch ist, ich mich aber frei fühle, etwas anderes zu tun, dann vertraue ich im Wesentlichen auf mich selbst, weil ich mich für rechtschaffen halte." Das ist ein schwieriger Begriff für uns Christen, denn als Christen werden uns viele religiöse Klischees beigebracht. Wir wissen, daß wir nicht sagen sollen, daß wir rechtschaffen sind. "Ich bin ein Sünder!" sagen wir, aber ist es möglich, daß der Mund zwar die Armut der Seele bekennt, das Herz aber nicht? Das ist möglich und auch hier der Fall mit diesem Pharisäer, der auf sich selbst vertraute. Er hielt sich möglicherweise für vollkommen, aber er dachte wahrscheinlich, er wäre gut genug, um sich über diesen Zöllner zu stellen. Und das ist der Grundgedanke hier im Gleichnis. Der Pharisäer betet und sagt in Lukas‬ 18:11

"Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke Dir, Gott, daß ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner."

Und ganz in Gegensatz zu ihm heißt es dann von dem Zöllner in Vers 13:

"Und der Zöllner stand von ferne, wagte nicht einmal seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: O Gott, sei mir Sünder gnädig!"

Warum schlägt sich der Mensch an die Brust? Weil er wirklich eine Seelenqual über seine Unwürdigkeit empfindet. Und Jesus antwortet diesen beiden und sagt in Lukas ‬18:14,

"Ich sage Euch: Dieser...."

Damit meinte Er den Zöllner.

"… Dieser ging gerechtfertigt in sein Haus hinab, im Gegensatz zu jenem. ..."

Das ist der Pharisäer.

"Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer aber sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden."

Das klingt sehr nach einer anderen Geschichte aus dem Alten Testament, nach Kain und Abel. Ich denke immer an diese Geschichte, weil Kain und Abel die Söhne von Adam und Eva waren und beide gelehrt wurden Gott zu verehren.

Sie beteten beide Gott an, Gott hatte ihnen bereits die Anweisung zum Opfern gegeben, Tieropfer, die auf den Tod Christi hinweisen sollten. Sie waren also bereits dabei, einen Altar zu errichten und anzubeten, und wir finden die Geschichte in 1. Mose 4, wo sie beide Gott anbeteten, sie errichteten beide einen Altar, aber Kain beschloß, statt eines Lammes, wie Gott es vorgeschrieben hatte, die Früchte des Bodens zu opfern.

Er war ein Bauer und dachte, das sei genauso gut wie das andere, schließlich bete er Gott an. Er war im Großen und Ganzen, wie wir heute sagen würden, "ein guter Mensch", aber es heißt, daß Gott seine Opfergabe nicht annahm im Gegensatz zu Abels Opfer.

Hier haben wir also ein vollkommenes Bild für die Vorstellung, daß "So lange ich die meisten Dinge gut mache, ich wirklich in Ordnung bin."

Die Vorstellung, bei der Selbstrechtfertigung, besteht also darin, daß wir die Anbetung Gottes oder den Gehorsam gegenüber Gott als unseren eigenen Verdienst ansehen. Nun, Gehorsam wird von einigen als etwas angesehen, das im Gegensatz zum Glauben steht. Mit anderen Worten, wenn man streng gehorcht, dann ist da kein Platz für den Glauben. Was wir sehen, ist, daß der Glaube dieses Vertrauen hervorruft, daß das, was Gott sagt, richtig ist. Rechtfertigung erfährt der Mann, wie der Zöllner, der annehmen kann, daß das, was Gott sagt, richtig ist, und seine eigenen Wünsche oder seine eigenen Vorstellungen von dem was er meint was richtig sei, aufgibt. Das haben wir in Römer 4:5 gesehen, wo davon die Rede ist, daß Gott die Gottlosen rechtfertigt. Römer‬4:5

"Wer dagegen keine Werke verrichtet, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, dem wird sein Glaube als Gerechtigkeit angerechnet."

Zwei Verse zuvor heißt es in Römer ‬4:3 über Abraham:

"Denn was sagt die Schrift? »Abraham aber glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet«."

Abraham nahm Gottes Urteil über seinen eigenen Zustand und Gottes Ratschlag hinsichtlich des Heilmittels an. Er hat nicht versucht, die Lösung selbst zu finden. Er kam schließlich an den Punkt, an dem er annahm, was Gott sagte, und er handelte danach und gehorchte. Aufgrund seiner Haltung des Gehorsams und seiner Treue zu Gott, sagt die Bibel, daß sein Glaube ihm als Gerechtigkeit angerechnet wurde. Ich mag dieses Wort "Haltung". Es beschreibt das Problem der Rechtfertigung wirklich gut, denn es gibt viele Menschen, die sich fragen: "Wenn ich ein Sünder bin und Jesus für mich gestorben ist, um meine Sünden zu bedecken, warum muß ich dann noch Gehorsam sein?" Was macht den Unterschied aus? Wie wird ein Mensch gerechtfertigt, der ein Sünder ist, während ein anderer nicht gerechtfertigt wird?" Nun, das Problem hat mit der Haltung zu tun. Das Beispiel Abrahams paßt perfekt, denn wenn wir Römer 4:20 lesen, dann werden wir entdecken, daß da etwas sehr Interessantes steht.

"Er zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde stark durch den Glauben, indem er Gott die Ehre gab."

Der Gedanke, daß er bei der Verheißung Gottes nicht gezögert hat, ist ein bißchen seltsam, denn wir wissen, daß er in dieser Hinsicht Fehler gemacht hat. Man kann sie im Buch 1. Mose nachlesen. Warum hat er dann gesagt, daß er nicht zweifelte? Nun, der Grund ist, daß Abraham nie wirklich zurückblickte, Abraham gab nie auf. Abraham hat sich nie von Gott abgewandt. Abraham war immer bestrebt, vorwärts zu gehen, und auch wenn er Fehler machte, konnten diese Fehler verziehen werden, denn er drängte vorwärts und arbeitete weiter an Gottes Werk. Er drängte vorwärts in seinen Bemühungen, Gott zu folgen. Alles, was wir über Rechtfertigung erfahren, ist das wir die Einsicht der Notwendigkeit der Rechtfertigung haben müssen.

Der Apostel Paulus wies darauf hin, daß der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerechtfertigt wird, sondern durch den Glauben an Christus. In Wirklichkeit ist es so, daß eine Person, die auf die Werke des Gesetzes vertraut, ihre eigene Sündhaftigkeit gar nicht erkennt. Sie fühlt sich in der Lage, die Anforderungen Gottes aus eigener Kraft zu erfüllen, und so heißt es daher in Galater‬ 2:15,

"Wir sind [zwar] von Natur Juden und nicht Sünder aus den Heiden."

Die Herausforderung bestand darin, daß die Juden, die religiös waren, das Gefühl hatten, sie würden über den Heiden stehen und hätten eine gewisse Gerechtigkeit in sich, so wie Christen heute allzu oft versucht sind, zu glauben, sie hätten etwas, was sie in Wirklichkeit nicht haben.

Paulus wollte damit zum Ausdruck bringen, daß wir genauso rechtfertigungsbedürftig sind wie der gewöhnliche gottlose Sünder. Aber wenn wir unsere Not und unsere Schuld spüren, dann ist Jesus bereit, uns zu rechtfertigen. Es kommt darauf an, daß wir erkennen, daß wir Christus brauchen. Auch Paulus sagt in 1. Timotheus 1:15,

"Glaubwürdig ist das Wort und aller Annahme wert, daß Christus Jesus in die Welt gekommen‭ ist, ‭um ‭Sünder‭ zu ‭retten,‭ von ‭denen‭ ich‭ der‭ größte ‭bin.‭"

Wenn wir uns wie der Apostel Paulus fühlen, dann ist Jesus für uns gekommen. Mein Aufruf lautet deshalb: "Nehmen wir Jesus doch heute an!"

(03) "Wie wird man gerechtfertigt?"

Übersetzung Alex Janzen, Oktober 2021©



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hat Saul den Herrn befragt oder hat er es nicht getan? 1. Samuel 28:6 "Und Saul befragte (šā'al) den Herrn; aber der Herr antwor...