12.10.2021

(08) Der Galaterbrief - Sklave oder Sohn?

 




In unserer letzten gemeinsamen Betrachtung sprachen wir über den Samen Abrahams und darüber, was es bedeutet, der Same Abrahams zu sein und tatsächlich Söhne Gottes zu werden. Das war der Punkt, auf den Paulus hinauswollte. Daran wollen wir heute anknüpfen. Ich möchte Euch heute sagen, daß dies von allen Themen im Galaterbrief eines der wertvollsten ist, denn es bringt wirklich das Herz unserer eigenen geistlichen Erfahrung und die Zuneigung zum Ausdruck, die nicht nur Gott für uns hat, sondern wir auch für Gott.

Wir sprechen heute darüber, ob wir "Sklaven oder Söhne" sind. Wir werden also in Kapitel 4 beginnen, aber wir werden auch das 3. Kapitel des Galaterbriefs kurz zusammenfassen.

Galater‬ ‭3:26-29‬

"Denn Ihr alle seid durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus; denn Ihr alle, die Ihr in Christus hinein getauft seid, Ihr habt Christus angezogen. Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Knecht noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn Ihr seid alle einer in Christus Jesus. Wenn Ihr aber Christus angehört, so seid Ihr Abrahams Same und nach der Verheißung Erben."

Der Gedanke dahinter ist, daß Paulus darüber spricht, wie wir durch den Glauben an Jesus "Söhne Gottes" werden können. Wir müssen das wiederholen, weil der Apostel nach dem Ende von Kapitel 3 eine Veranschaulichung benutzt, um über die Bedeutung der Sohnschaft zu sprechen.

Laßt uns gemeinsam die Verse 1-7 lesen und das wird dann den Rahmen bilden, in dem wir heute studieren werden. Galater‬ ‭4:1-7

"Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, besteht zwischen ihm und einem Knecht kein Unterschied, obwohl er Herr aller Güter ist; sondern er steht unter Vormündern und Verwaltern bis zu der vom Vater festgesetzten Zeit. Ebenso waren auch wir, als wir noch unmündig waren, den Grundsätzen der Welt als Knechte unterworfen. Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit Er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen. Weil Ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist Seines Sohnes in Eure Herzen gesandt, der ruft: »Abba, Vater!« So bist Ddu also nicht mehr Knecht, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus."

Dies ist eine sehr aussagekräftige Schriftstelle, in der er die Vorstellung eines Sklaven mit der eines Sohnes vergleicht. Er versucht, den Galatern zu sagen, daß sie Söhne sein wollen, und das ist etwas, das wir von Anfang an mit einbeziehen werden. Galater‬ ‭4:7 heißt es:

"So bist Du also nicht mehr Knecht, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus."

Es scheint eine gängige Vorstellung davon zu sein, daß man durch Christus ein Erbe Gottes ist. Wenn wir Sklaven sind, dann sind wir keine Erben. Der einzige Weg, ein Erbe zu werden, ist, ein Sohn zu sein, also ist es sehr wichtig, dies zu verstehen. Was ist der Unterschied zwischen einem Sklaven und einem Sohn? Und wie können wir ein Sohn werden? Es berührt mein Herz, wenn ich darüber nachdenke, daß Jesus, wenn Er sich auf Gott bezieht, sagt, wir sollen Gott, "unseren Vater im Himmel", nennen.

Wenn man an andere Religionen und ihre Götter denkt, sieht man nicht dasselbe Band der Zuneigung, das Gott uns anbietet, indem wir ihn "Vater" nennen dürfen. Nennt mich "Vater", das bedeutet, daß es hier mehr als nur eine unterwürfige Beziehung gibt, es bedeutet, daß es hier eine Zuneigung, ein Band, eine Verbindung gibt und Gott ruft uns in diesem Abschnitt des Galaterbriefes zu dieser Verbindung auf. Wir werden das auf jeden Fall auspacken, denn diese 7 Verse sind so voll von Anweisungen.

Ich möchte zu Vers 1 zurückgehen und die ersten paar Verse hier betrachten. Paulus macht deutlich, was beim Wachstum des Christen geschieht, also laßt uns mit Vers 1 beginnen und dann werde ich einen Kommentar abgeben.

Galater‬ ‭4:1

"Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, besteht zwischen ihm und einem Knecht kein Unterschied, obwohl er Herr aller Güter ist;..."

Hier haben wir also einen Sohn, der aber auf der gleichen Stufe wie ein Diener steht. Paulus wird darüber sprechen, was das bedeutet, wenn wir zu Vers 2 gehen, wo er sagt,

"… sondern er steht unter Vormündern und Verwaltern bis zu der vom Vater festgesetzten Zeit. ..."

Und dann sagt er in Vers 3:

"Ebenso waren auch wir,..."

So vergleicht er uns und unsere Erfahrung mit dem Übergang vom Sklaven zum Sohn. Er vergleicht uns mit diesem Kind, das unter Vormündern und Verwaltern steht und sagt:

"Ebenso waren auch wir, als wir noch unmündig waren, den Grundsätzen der Welt als Knechte unterworfen."

Wovon ist hier die Rede?

Und diese Formulierung "Elemente der Welt" ist für uns wichtig, weil der Apostel Paulus im Kolosserbrief genau dieselbe Formulierung verwendet. Wenn wir uns Kolosser 2:20 ansehen, dann werden wir eine ähnliche Veranschaulichung sehen, die uns helfen wird, zu verstehen, was Paulus hier meint.

"Wenn Ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid, ..."

In der griechischen Sprache sind das genau die gleichen Begriffe, die hier verwendet werden. In manchen Bibeln steht sogar "Rudimente". Mit Rudimenten sind im Griechischen die grundlegenden Bausteine des Lernens gemeint, das ABC, wenn man so will. Er spricht also von den Grundprinzipien der Welt. Beginnen wir wieder in Vers 20. Kolosser‬ ‭2:20-22

"Wenn Ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid, weshalb laßt Ihr Euch Satzungen auferlegen, als ob Ihr noch in der Welt leben würdet? »Rühre das nicht an, koste jenes nicht, betaste dies nicht!« — was doch alles durch den Gebrauch der Vernichtung anheimfällt — [Gebote] nach den Weisungen und Lehren der Menschen."

Ihr wißt, daß Paulus im Galaterbrief davon spricht, daß wir als Kinder den Grundsätzen der Welt als Knechte unterworfen waren bis zu der vom Vater festgesetzten Zeit.

Leider haben einige Leute nicht verstanden, was er zu sagen versucht, und haben das so ausgelegt, daß sie sagten: "Rühre das nicht an, koste jenes nicht, betaste dies nicht!" Aber Paulus sagt nicht, daß es, wenn Ihr zu Christus kommt, keine Vorschriften mehr gibt, daß wir Gottes Geboten nicht mehr gehorchen müssen, daß wir vom Geist geleitet werden, als ob die beiden im Widerspruch zueinander stehen würden.

Was er zu sagen versucht, wollen wir an einem praktischen Beispiel erläutern. Ich habe Kinder, und wenn unsere Kinder bei uns aufwachsen, dann stellen wir als Eltern bestimmte Regeln auf, solange die Kinder heranwachsen. Dann sagen wir auch: "Iß das nicht, faß das nicht an!" richtig? Die grundlegenden Elemente, wenn man aufwächst, sind bestimmte Einschränkungen und Vorschriften. Zum Beispiel ist es für Eltern wahrscheinlich ziemlich normal, daß die Kinder nicht im Straßenverkehr spielen dürfen. Ich weiß aber, daß meine Kinder manchmal fragen: "Warum kann ich nicht draußen auf der Straße spielen?" Sie verstehen ja nicht, was ich verstehe. Sie erkennen die Gefahr nicht, die wir als Eltern sehen. Also machen wir diese Einschränkungen und Vorschriften. Nun stellt sich die Frage, ob meine Vorschrift, nicht im Straßenverkehr zu spielen, ausreicht? Wenn mein Kind volljährig wird, mein Sohn also 18 wird, kann ich sagen: "Hey, sei zufrieden, spiel im Straßenverkehr, so viel Du willst. Geh und laß Dich von einem Auto überfahren, von mir aus." Ist das der Sinn der Sache? Nein! In Wirklichkeit hoffe ich, daß diese Grundprinzipien, die ich als Elternteil aufstelle, Teil seines Denkvorganges werden, so daß mein Kind, wenn es erwachsen ist, nicht mehr ständig gesagt bekommen muß, was es tun soll, sondern daß es in seinem Herzen weiß, was es tun soll. Und das ist es, was die Bibel hier zum Ausdruck bringen will mit der Formulierung "Grundsätzen der Welt".

Etwas anderes, das wir uns ansehen sollten, steht in Kolosser 2:21.

"»Rühre das nicht an, koste jenes nicht, betaste dies nicht!« — was doch alles durch den Gebrauch der Vernichtung anheimfällt — [Gebote] nach den Weisungen und Lehren der Menschen,..."

und dann sagt er in Vers 23:

"...die freilich einen Schein von Weisheit haben in selbst gewähltem Gottesdienst und Demut und Kasteiung des Leibes, [und doch] wertlos sind und zur Befriedigung des Fleisches dienen."

Jetzt spricht er über die Dinge im geistlichen Leben, die bestimmte äußere Regeln und Vorschriften beinhalten. Es geht nicht um äußere Religion, und darüber werden wir noch sprechen. Äußere Religion ist ein Teil der inneren Religion, aber es gibt Menschen, die eine äußere Religion haben können, aber keine innere Religion.

Und hier sagt er, sie haben den Anschein von Weisheit, aber er sagt, daß sie

" … wertlos sind und der Befriedigung des Fleisches dienen."

Paulus sagt hier also: "Ich habe kein Problem mit äußerlichen Vorschriften, aber das Problem ist, daß Eure äußerlichen Vorschriften das eigentliche Problem nicht lösen. Euer Herz ist nicht beschnitten und Ihr seid fleischlich."

Du kannst nicht einfach Dinge tun, weil Dir jemand sagt, daß Du sie tun sollst, Du mußt es selbst verkörpern. Wir haben es gesehen. Ich bin ein Kind, das meine Eltern versucht haben, richtig zu erziehen, und was passierte? Ich bin aufgewachsen und wurde mit diesen Grundsätzen erzogen, aber was habe ich getan, als ich älter wurde? Ich habe gesagt, daß ich es nicht für wichtig halte, diese Dinge zu tun, und daß es nicht in meinem Herzen lag, sie zu tun. Ich habe gegen das verstoßen, was meine Eltern mir beigebracht hatten.

Gehen wir jetzt nochmal zurück zum Galaterbrief. In Galater 4 gibt es einen weiteren Abschnitt, der sich mit den Elementen der Welt befaßt. Ich dachte, vielleicht können wir uns das auch ansehen. In Galater‬ ‭4:8 heißt es:

"Damals aber, als Ihr Gott noch nicht kanntet ..."

Er spricht also zu diesen gläubigen Heiden. Es gab eine Zeit, in der sie Gott nicht kannten und was taten sie?

"… dientet Ihr denen, die von Natur keine Götter sind."

Sie waren dem Götzendienst, der heidnischen Religion verfallen. Ich möchte noch die Verse 9-11‬ lesen.

"Jetzt aber, da Ihr Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wieso wendet Ihr Euch wiederum den schwachen und armseligen Grundsätzen zu, denen Ihr von Neuem dienen wollt? Ihr beachtet Tage und Monate und Zeiten und Jahre. Ich fürchte um Euch, daß ich am Ende vergeblich um Euch gearbeitet habe."

Diese heidnischen Gläubigen glaubten einst an Götter, die Götzen aus Holz, Stein, Pflanzen oder anderen Dingen waren. Wenn sie also darüber nachdachten, Gott zu dienen, dann geschah dies in einer unterwürfigen Beziehung. Sie hatten Angst vor einer schlechten Beziehung zu Gott. Sie taten Dinge aus Angst, oder sie taten Dinge nur wegen der Belohnung, die sie für ihren Dienst erhalten würden. Was sie also taten und alles, was sie taten, um Gott zu besänftigen, hatte nichts mit ihrem Herzen zu tun. Sie empfanden keine Zuneigung zu ihrem Gott, sondern taten einfach das, was ihr Gott ihnen sagte oder was ihr Gott ihnen auftrug zu tun. Was er hier also sagen will, ist: Wollt Ihr zu diesem Zustand zurückkehren? Wollt Ihr wieder zu einer unterwürfigen Beziehung zurück gehen?

Der Apostel Paulus ist hier nicht gegen das Befolgen von Regeln. Aber der Gedanke, daß man Dinge befolgt, ob es nun Tage oder Monate oder Jahreszeiten oder Jahre oder irgendetwas anderes ist, als Ersatz für eine echte Herzensreligion mit Christus und mit Gott, daß ist etwas was Paulus nicht gutheißt. Der Apostel Paulus hatte kein Problem mit den Bräuchen, denn er hielt den Sabbat ein, und wir halten heute das Abendmahl ein, wir halten die Taufe ein, wir haben Bräuche, und es ist nichts falsch an Bräuchen, aber wenn wir uns in diesem Abschnitt auf die Bräuche konzentrieren, verpassen wir seinen Standpunkt. Das würde uns von dem Verständnis ablenken, das der Apostel Paulus im Hinblick auf eine sklavenähnliche Beziehung zum Ausdruck gebracht hat. Wir müssen das ein wenig tiefer untersuchen, damit wir verstehen können, wovon Paulus hier eigentlich spricht.

Wir haben gerade darauf hingewiesen, daß Paulus nicht gegen die Einhaltung religiöser Vorschriften war, sondern eher gegen die Vorstellung, daß diese als eine unterwürfige Beziehung zu Gott dienen würden, ähnlich wie sie eine Beziehung zu den Götzen hatten, denen sie dienten, bevor sie Christen wurden. Wir feiern heutzutage das Abendmahl, die Taufe. Der Apostel Paulus war nicht einmal gegen die Beschneidung, denn in Apostelgeschichte 16:3 spricht er davon, wie er Timotheus beschnitt. Der Apostel Paulus war also nicht dagegen, aber er war dagegen, wenn sie als Ersatz für Gehorsam gegenüber Gottes Willen diente.

Wir gehen weiter und befassen uns mit den Versen 4 und 5. Es gibt so viel zu behandeln, diese beiden Verse sind zwei weitere Verse, die die Botschaft des Evangeliums auf den Punkt bringen. Ich würde gerne mehr Zeit haben, um sie zu vertiefen, aber wir bewegen uns auf den Begriff des Sklaven oder des Sohnes zu, und das wollen wir betonen. Wir greifen hier Vers 4+5 von Galater 4 auf, wo es heißt:

"Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen."

Wir werden demnächst ein Studium durchführen, in dem wir mehr darüber sprechen werden, was es bedeutet, "unter dem Gesetz zu stehen" und wie es biblisch gemeint ist, dies zu tun oder nach dem Gesetz als Mittel zur Rechtfertigung zu suchen. Wir wissen, daß Jesus das Gesetz nicht als Mittel zur Rechtfertigung gesucht hat, Er mußte nicht gerechtfertigt werden. Man kann sich nicht selbst durch das Gesetz rechtfertigen. Deshalb haben sie die Strafe auf sich genommen, und Paulus will damit sagen, daß Jesus die Strafe all derer auf Sich genommen hat, die sich durch das Gesetz rechtfertigen wollten.

Es ist fast dieselbe Aussage wie zuvor in Galater 3:13, wo es heißt:

"Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem Er ein Fluch wurde um unsertwillen."

Hier wurde Er unter das Gesetz gestellt, um uns durch Sein Opfer zu erlösen, indem Er die Strafe für unsere Sünden bezahlte.

Aber beachtet, was in Galater‬ ‭4:5 steht.

"damit Er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen.‬"

Viele Christen betrachten den Begriff der Erlösung, weil das der ganze Grund ist, warum Jesus diesen Preis bezahlt hat. Diesen Gedanken der Sohnschaft greift er in den Versen 6 und 7 sehr stark auf, und das ist das Herzstück dieses Abschnitts. Dort heißt es in Galater‬ ‭4:6+7

"Weil Ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist Seines Sohnes in Eure Herzen gesandt, der ruft: »Abba, Vater!« So bist Du also nicht mehr Knecht, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus.‬"

Warum sind sie nicht mehr Sklaven, sondern Söhne? Weil Gott den Geist Seines Sohnes in unsere Herzen ausgegossen hat, der "Abba, Vater" ruft.

Das Wort Abba" steht für einen lieben, persönlichen Vater. Es ist auch ein weniger förmlicher Begriff, es ist ein liebevoller Begriff. Das hilft uns zu sehen, daß wir, wenn wir wirklich ein Sohn werden, nicht länger eine unterwürfige Beziehung zu Gott führen, sondern eine echte Zuneigung zu Gott empfinden, wir haben ein Interesse an den Dingen Gottes. Unsere Herzen sind von der Liebe Christi durchdrungen, und wir haben ein Interesse an den Dingen Christi. Diesen Gegensatz sollten wir uns in einem anderen Vers anschauen. Er steht in Römer Kapitel 8 und bildet einen schönen Vergleich zu diesem Abschnitt in Römer 8, wo es in Vers 15 heißt:

"Denn Ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, daß Ihr Euch wiederum fürchten müßtet, sondern Ihr habt den Geist der Sohnschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!‬"

Es geht also nicht um eine Angstbeziehung, die wir mit Gott haben, nicht um eine unterwürfige Beziehung, sondern um eine liebevolle Beziehung. Wir empfinden tatsächlich eine Liebe zu Gott. Wenn wir keine Liebe zu Gott und zu geistlichen Dingen haben, können wir kein Erbe sein.

Das ist ein sehr kritischer Punkt hier, er besagt, daß der Geist Gottes in uns hinein kommt, um uns dieses Band der Liebe und Zuneigung zu Gott zu geben, und Jesus sagte:

"Wenn ein Mensch nicht wiedergeboren wird, wird er das Reich Gottes nicht sehen."

Wenn wir nicht diesen echten Hunger und dieses Interesse für die Dinge Gottes haben, dann können wir das Reich Gottes nicht sehen. Und das ist das Problem vieler Christen. Sie gehen zur Kirche, sie haben eine formale Erfahrung, aber sie haben nie wirklich ein Interesse oder einen Hunger nach dem Wort Gottes entwickelt, sie haben nie wirklich eine Anziehungskraft für die Dinge Gottes gespürt. Sie erwähnen, daß sie in die Kirche gehen, aber sie gehen spät in die Kirche und verlassen sie früh. Mit anderen Worten, es ist etwas, das getan werden muß, aber es ist nicht im Herzen. Ich denke, daß dieser Gedanke jedem Christen aus dem Herzen sprechen muß.

Wenn das bei Dir der Fall ist, daß Du kein Interesse an der Bibel hast, aber in die Kirche gehst und die Bibel liest und Ihr zuhörst, und Du tust es, weil Du denkst, daß es das Richtige ist, aber eigentlich keine Zuneigung zu Christus hast, dann hast Du keine Zuneigung, kein Verlangen und keinen Hunger nach geistlichen Dingen, dann befindest Du Dich in einer unterwürfigen Beziehung. Es muß ein Wechsel stattfinden von der unterwürfigen Beziehung zu einer innigen Liebe zu Gott, in der wir "Abba, Vater" rufen können.

Eine andere Sache hier ist, daß Paulus zu den Galatern spricht, als ob sie diese Abba-Vater-Beziehung gehabt hatten und sie zurückgefallen waren, und vielleicht haben auch sie einmal diese Wärme und diese Liebe für die Dinge Gottes gefühlt. Aber jetzt haben sie das Gefühl, daß sie davon abgefallen sind und ihre Liebe für geistliche Dinge kalt geworden ist und sie nur noch die Bewegungen ausführen. Das ist der Grund, warum wir uns mit diesem Thema befassen. Gott kann in uns, wie David sagte, die Freude an Seinem Heil wiederherstellen.

Mit anderen Worten: Sprechen wir nur in unseren bequemsten Situationen gerne über geistliche Dinge? Reden wir gerne über die Bibel? Oder ist das etwas, das wir nur in der Kirche tun?

Es gibt ein Gleichnis, das Jesus erzählt hat, das diesen Kontrast zwischen der Beziehung eines Dieners und der Beziehung eines Sohnes veranschaulicht. Es steht in Lukas Kapitel 15 und ist das "Gleichnis vom verlorenen Sohn".

Die ganze Geschichte befindet sich in Lukas 15. Es geht um einen Sohn, von dem die Bibel sagt, daß er eines Tages beschließt, daß er den Anteil an den Gütern, die ihm zustehen, haben möchte. Mit anderen Worten: Er will sein Erbe, und er geht zu seinem Vater und bittet ihn darum sein Erbe auszuzahlen. Die Bibel sagt, daß der Vater seinen Besitz aufteilt und seinen beiden Söhnen gibt und dann sagt die Bibel, daß der eine Sohn in ein fernes Land ging.

Er hat nicht gesagt, daß er das Erbe genommen hat und in eine nahegelegene Stadt gegangen ist, wo er in der Nähe seines Vaters sein konnte, was manche vielleicht nicht verstehen. Er ging in ein weit entferntes Land, mit anderen Worten, wir sehen hier das Bild eines Sohnes, der der Zwänge des väterlichen Hauses überdrüssig geworden ist. Warum laufen junge Menschen weg? - Regeln! Nun, es passiert etwas, etwas Schlimmes, die Regeln sind zu streng, und ich bin weg von hier. Wir sehen also, daß der Sohn wegläuft und sein Hab und Gut in verschwenderischer Weise vergeudet. Die Bibel erwähnt zwei Dinge, die er im Laufe seiner Erfahrung macht. Sobald ihm alles ausgeht, so sagt die Bibel, beginnt er in Not, in Bedrängnis zu geraten.

Sobald ihm alles ausgeht, beginnt er Mangel zu verspüren, er gerät in eine Notlage. Was wir hier sehen, ist ein Vorgang der Umkehr. Der Sohn ging weg, das sind wir, die wir von unserem himmlischen Vater weggelaufen sind, und nun beginnt der Sohn zu erkennen, daß seine Vorstellung von einem großartigen Leben nicht wirklich aufgeht. Seine Vorstellungen von Freiheit waren nicht so frei, wie er es sich vorgestellt hatte, aber er geht noch nicht zu seinem Vater zurück, sondern beschließt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. So geht es vielen von uns, wir werden von der Sünde überführt und denken, daß wir uns selber um das Problem kümmern werden. Im Laufe der Zeit sagt die Bibel, daß der junge Mann bei den Schweinen landete. Die Bibel sagt, daß er zu sich selbst kam, mit anderen Worten, das ist die Bekehrung, das ist der Aha-Moment, er kam zu sich selbst und sagte: "Also, die Knechte meines Vaters sind besser dran als ich."

Der Sohn beschließt, nach Hause zu seinem Vater zu gehen, und als er nach Hause geht, sieht ihn sein Vater, während er weit weg ist und läuft ihm entgegen. Wir wissen nicht, wie lange der Sohn weg war, aber es wird uns erzählt, daß der Vater tagein, tagaus nach ihm gesucht und Ausschau gehalten haben hat. Jesus versucht, die Liebe unseres himmlischen Vaters zu vermitteln. Interessant ist, daß der Vater dem Sohn nie hinterherlief, weil es nichts genützt hätte, den Sohn zurückzubringen, weil der Sohn sich seinem Vater gegenüber verpflichtet fühlte. Aber die Dynamik, die wir feststellen ist, daß der Sohn, als er das Haus verließ, nicht einmal bereit war, als Sohn im Haus des Vaters zu leben, sondern die Haltung eines Dieners hatte. Als er zurückkommt, ist er nun bereit, ein Diener zu sein, und er hat die Einstellung eines Sohnes.

Wenn man sich die Geschichte anschaut, ist sein Bruder nicht wirklich glücklich darüber, daß er zurück ist und er lebt zu Hause und lebt wie ein Sohn, aber er hat auch die Einstellung eines Dieners. Er hält alle Regeln ein, aber er ist nicht in seinem Herzen davon überzeugt. Was in dieser Geschichte wirklich stark ist, ist, daß der Vater herauskommt, als der Sohn nach Hause kommt.

Der Sohn hat eine sorgfältig geplante Rede, die er halten wird: "Ich bin es nicht wert, Dein Sohn genannt zu werden." usw. Der Vater unterbricht ihn und sagt: "Wir haben eine Feier für Dich geplant mein Sohn. Schön, daß Du wieder nach Hause gekommen bist!" Das lehrt uns, daß Gott sich weniger darum kümmert, wo man gewesen ist, als darum, wohin man geht. Er war nur darum besorgt, daß er wieder nach Hause kommt. Das ist ein starker Gedanke und er führt mich zurück zum Galaterbrief, denn in Galater‬ ‭4:19 sehen wir das Herz eines geistlichen Vaters im Apostel Paulus. Er sagt zur Gemeinde in Galatien:

"Meine Kinder, ..."

Wir sehen seine Zuneigung,

"Meine Kinder, um die ich noch einmal Geburtswehen leide, bis Christus in Euch Gestalt gewinnt."

Der Apostel Paulus sagt hier: "Daß ich mich anstrenge, damit ich diese Zuneigung und Sohnschaft wieder in Euren Herzen sehen kann, damit Ihr die wahre Erfahrung mit Christus macht." Der Apostel Paulus sehnt sich danach, daß diese Galater in eine echte Beziehung zu Gott treten, in der sie erkennen, daß er Ihr Vater ist und sie in die Sohnschaft eintreten. Vielleicht sagt Ihr, daß es Euch genau so ergangen ist. Vielleicht fragt Ihr Euch, wie Ihr diese Sohnschaft haben könnt, wie man diese echte Erfahrung machen kann. Ich möchte Euch nur dazu auffordern, den Herrn Jesus anzurufen und Ihn zu bitten, Euer Herz zu erneuern. Manchmal können wir das tun, und Ihr sagt: "Nun ja, es scheint nichts zu passieren." Bringt Eure Bitten immer wieder vor den Thron der Gnade. Jesus sagt, daß Er immer lebt, um für uns Fürsprache zu halten. Deshalb solltet Ihr Eure Bitten im Namen des Herrn vorbringen und Er wird Euch antworten und Euch als Söhne und Töchter erneuern.

(08) "Sklave oder Sohn?"

Übersetzung Alex Janzen, September 2021©


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